Temples „Sun Structures“

[amazon_image id=“B00GPOTS3U“ link=“true“ target=“_blank“ size=“medium“ class=“alignleft“]Temples „Sun Structures“[/amazon_image] Popmusik als vergnügliche Geschichtsstunde oder: Ja ist denn heut‘ schon wieder 1967?

Die Temples sind eine blutjunge Truppe aus Merry Old England, was man ihrer aktuellen CD „Sun Structures“ allerdings überhaupt nicht anhört, im Gegenteil: Als Hörer meint man einen Sampler mit amerikanischer und britischer Psychedelia der gloriosen Sechziger Jahre zu hören. Selig, sind all jene, die sich noch an diese Zeit erinnern (was angesichts des Drogenkonsums in den späten Sechzigern schon mal schwierig werden könnte). Oder Moment einmal: Sind das etwa zarte Anklängen an den Britpop der Neunziger?

Die Temples verfügen unüberhörbar sowohl über genügend graue Zellen (oder ihre Drogen hinterlassen keine bleibenden Schäden) als auch über ein gut bestücktes musikalisches Archiv. Ihre Musik kommt wie ein großer Almanach daher und lädt stets aufs Neue zum Ratespiel ein, woher man diese Orgel, jenes Melodiefragment, das Schlagzeugintro oder die Gesangslinie schon einmal gehört hat. Es fällt einem in aller Regel gerade nicht ein, was aber nicht weiter schlimm ist, denn unterdessen kommen mindestens drei neue Zitate, bei denen es einem genau so geht. Sinnlos, dem hinterher zu forschen, während die Platte läuft. Also einfach entspannen und genießen: Der CD-Player als Zeitmaschine. Andere mögen verächtlich ‚Retro‘ murmeln und die indirekten Zitate als Abklatsch betrachten, doch in Wahrheit ist dies ein augenzwinkerndes Spiel mit den hellen und dunklen (und bunten, Anm. d. Red.) Winkeln der Pop-Geschichte, den jungen zur Unterhaltung, den älteren zur Erinnerung (die ja eh trügerisch ist und nicht mehr so gut funktioniert). Das Beste daran: Man kann die Jungs sicher bald live hören und muss keine schlecht gealterten Originale von Anno Dunnemals betrachten, die ihre Songs von 1967 (oder 1997) zu imitieren versuchen. ‚Authentisch‘ ist ohnehin weder das eine noch das andere, aber die „Sun Structures“ sind ein harmloses Vergnügen ohne Reue.

Auch wenn Noel Gallagher oder Johnny Marr die Temples gerade zum ‚Next Big Thing‘ ausrufen, wollen wir die Kirche des Pop doch im Dorf lassen. „Sun Structures“ ist eine nette, kurzweilige Platte geworden, aber ob das Projekt länger als eine oder zwei Saisons hält, bleibt abzuwarten. Entscheidend wird sein, ob es den Musikern um Sänger-Gitarrist James Bagshaw gelingt, eine eigene künstlerische Identität zu entwickeln. Bis dahin vergnügen wir uns am psychedelisch gefärbtem Retro-Sound der leichteren Sorte, also jener Spielart, die weniger zugedröhnt, sondern eher etwas spleenig klingt.

Homepage der Temples

Temples bei → Youtube

(Cover: Pias)

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