Ausstellung: Geniale Dilletanten. Subkultur der 1980er-Jahre in Deutschland

Popkultur im Kunstmuseum zu präsentieren ist nicht immer konfliktfrei, wie die Björk-Retrospektive im New Yorker Museum of Modern Art (MoMa) zeigte, die dessen Direktor Klaus Biesenbach enorme Kritik einbrachte. In München kann man das gelassener sehen: Im Haus der Kunst bewegt man sich abseits des Pop und kommt daher nicht in den Ruch, für den Verkaufserfolg die Kunst der Masse zu opfern. Ausserdem werden in der Ausstellung „Geniale Dilletanten“ (26.6. – 11.10.2015) Hinterlassenschaften ausgestellt. Es geht um Geschichte, Überblick und Chronologie. Zwei Jahre nach der Ausstellung „ECM – Eine kulturelle Archäologie“, die dem Münchner Label für Jazz und zeitgenössische Klassik gewidmet war, wird nun die kurze Zeit der so genannten „Genialen Dilletanten“ beleuchtet, die so stilbildende Gruppen hervorbrachte wie die Einstürzenden Neubauten, die Deutsch-Amerikanische Freundschaft (D.A.F) und – hinter dem Eisernen Vorhang – Ornament & Verbrechen.

Die ursprünglich vom Goethe-Institut als Wanderausstellung konzipierte Ausstellung wurde für die Präsentation im Haus der Kunst erweitert. Sieben Bands – Palais Schaumburg, Der Plan, Freiwillige Selbstkontrolle, Die Tödliche Doris, Ornament & Verbrechen, Einstürzende Neubauten, D.A.F. – stehen stellvertretend für den kreativen Aus- und Aufbruch, dessen Nachwirkungen bis heute zu spüren sind. Und das nicht nur, weil manche der damals reüssierenden Musiker und Künstler heute noch aktiv sind (die Einstürzenden Neubauten eröffneten die Ausstellung mit einem eindrücklichen Konzert, sondern vor allem weil das damals propagierte „Do it yourself“-Prinzip auch nachfolgenden Musiker-Generationen zum Vorbild geworden ist.

In der Ausstellung zu sehen sind vor allem große Tafeln mit wenigen Bildern, vor denen auf einem vergleichsweise kleinen Bildschirm Videos der Bands oder Dokus flimmern – etwa über das Konzert der Einstürzenden Neubauten im Nürnberger Reichstag. Daneben gibt eseinige Artefakte, etwa ein Blasinstrument aus Gartenschlauch und Kfz-Auspuff der Gruppe Ornament & Verbrechen oder die Box „Chöre und Soli“ mit acht Miniphon-Schallplatten und einem batteriebetriebenen Abspielgerät von Die tödliche Doris.

Indem die Ausstellung auf die Aushängeschilder fokussiert, gehen Bands wie Die Krupps, Mittagspause, Liaisons Dangeureuses oder S.Y.P.H ebenso unter wie die Tatsache, dass auch spätere Protagonisten des Techno wie Dr. Motte und Westbam als „geniale Dilettanten“ begannen.
Allerdings ist es nicht schwer, die in „Geniale Dilletanten“ präsentierten Bands als die prägendsten ihrer Zeit zu identifizieren. Ihre Wahl verdeutlicht auch, welch disparate Szenen und Sparten unter dem Begriff der genialen Dilettanten zusammengeführt wurden. Die Tödliche Doris vertreten den Bereich Performance, Markus Oehlen, Martin Kippenberger und Bernd Zimmer stehen für die Malerei. Diese ‚Neuen Wilden‘ hatten auch eine starke Bindung zur Musik. So war Markus Oehlen Mitglied der Düsseldorfer Bands Charley’s Girls und Mittagspause und Martin Kippenberger wollte als Mitbesitzer des Berliner Clubs SO36 Punk, New Wave und bildende Kunst verbinden.
Bernd Zimmers monumentales, sich über zwei Räume umspannende Gemälde „1/10 Sekunde vor der Warschauer Brücke. Stadtbild 3/28“ hält die Ausstellung gewissermaßen zusammen. Das Bild übermittelt eigenartigerweise fast mehr noch als so manches Video die fiebrige Energie der Berliner Nächte in Dschungel, Exil und SO36.