Graham Candy „Plan A“

candy Etwas unsicher wirkender Versuch eines Paradiesvogels, der es jedem und allen recht machen will.

Graham Candy ist ein junger Singer-Songwriter aus Neuseeland, der 2013 auszog, um sein Glück in Deutschland zu suchen. Einen Teil des Glücks hat er in der Zusammenarbeit mit dem Berliner DJ Alle Farben gefunden, an dessen Debütalbum „Synthesia“ (2014) er mitarbeitete. Das von ihm gesungene „She Moves“ landete als erste Single-Auskoppelung in den Top-Ten der deutschen Charts.
Nun legt er sein Debüt mit dem Titel „Plan A“ vor, denn, so der junge Mann: „Ich brauche keinen Plan B. Ich habe meinen Plan A und den setze ich um.“ Sein musikalisches Tun ist demnach alternativlos, ein Begriff, der zumindest in diesem, unseren Lande gerne von Königin Angela I. verwandt wird. Wie in der hohen Politik, so in den Niederungen der Pop-Kultur: Was heute als zwingend verkauft wird, mag morgen schon ganz anders aussehen. Im Falle Candys ist dies sicher so. Denn er ist bereits als Schauspieler in Erscheinung getreten und hat sozusagen ein zweites Standbein. Tapfer sagt Candy über seine beiden künstlerischen Tätigkeiten, daß die Schauspielerei „nicht echt“ sei, eben nur gespielt. In seiner Musik hingegen sei er ganz bei sich, also er selbst. Dies mag in Maßen für seine heiser-helle Stimme gelten, die dann und wann an Asif Avidan erinnert. Man könnte Avidans und Candys als Frauenstimmen einschätzen, wüßte man es nicht besser.

Die zwölf Songs von Candys Debütalbum changieren irgendwo zwischen Euro-Pop, Singer-Songwriter (etwa in „Heart of Gold“, ein Monolog an den fernen Vater) und Dancefloor. Immer dann, wenn man für Augenblicke den Reiz der androgynen Stimme geniesst oder die Komposition eingehender hören möchte, fallen echte und elektronische Streicherarrangements und zahllose Background-Sänger über die Songs her. Das kann Adele, die Candy als Vorbild nennt, deutlich besser. Bei ihr ertrinken die Songs nicht in üppigen Arrangements, denn sie sind speziell dafür geschrieben, sozusagen als Breitwand-Pop konzipiert. Bei Graham Candy wirkt es aber eher so, als ob er seiner Musik und seiner Stimme noch nicht so ganz traut. Oder wurde er von seinen Produzenten überredet, den ganzen Sirup aus Streichern und Sängern über die im Durchschnitt ganz netten Titel zu gießen?
Manchmal funktioniert es ja, wie im Titel „Little Love“. Aber bei der Ode an den Vater wirkt es leider ebenso überfrachtet wie beim Opener des Albums, „Home“. Letzteres beginnt ohne Chor und dem ganzen anderen Bombast – und mit der nette Zeile „I want to go home, but not now“.

Graham Candy sollte also seinen Plan nochmals überdenken und sich fragen, was er wirklich will: Klavierballaden, Folkie-Kitsch wie in „Broken Heart“ – Mumford & Sons lassen grüßen –, Electrobeats, Indiepop oder das große Musiktheater Adeles. Alleine die markante Stimme reicht weder als stilistische Klammer, noch um aufzufallen oder ein ganzes Album zu tragen. Wenn er sich tatsächlich nicht festlegen will, sollte Candy beim nächsten Mal zumindest auf den unsäglichen Backgroundgesang verzichten. Denn mit diesem ruiniert er selbst seine Hommage an Jeff Buckley („Memphis“) – auch dieser ein bunter Vogel. Daher erscheint Graham Candys Debüt als etwas unsicher wirkender Versuch eines Paradiesvogels, der es jedem und allen recht machen will.

Offizielle Homepage von Graham Candy

(Foto: BMG)