„sCHpillit“, 20.8.2017, Alpentöne-Festival, Altdorf (CH)

Die Volksmusik diente klassischen Komponisten schon früh als Inspirationsquelle und fand so Einzug in Kompositionen beispielsweise von Béla Bartók und Gustav Mahler. 1991 – im Schweizer Pop war Mundart selbstverständlich und auch der Jazz hatte die traditionelle Musik längst aufgegriffen – vertonte Heinz Holliger mit „Alb-Chehr“ die Walliser Sage um zwei Hirten und einen übellaunigen Senn, die auf musizierende Geister treffen, was mit dem Tod des Sennen endet. Ursprünglich für die Gruppe Oberwalliser Spillit komponiert, stellt deren Nachfolgeensemble Holligers Klassiker dem Auftragswerk „Ronde des Lutins“ (Tanz der Kobolde) der Komponistin und Violinistin Helena Winkelmann gegenüber, das am Vortag beim Lucerne Festival uraufgeführt wurde.

Mit ihrer Komposition steht sie zwangsläufig in der Tradition Holligers, aber das scheint sie nicht beeindruckt zu haben. Wie bei Holliger gibt es bei Winkelmann einen Chor (so hervorragend wie die “sCHpillit“ – der Name der Gruppe, für deutsche Ohren schlicht mit Spielleuten zu übersetzen, ist ein gewaltiges Understatement), dafür keinen Erzähler und keine neuen, kuriosen Instrumente. Der Fremdheit, die neue Musik auslösen kann, begegnet die Komponistin, indem sie spröde Passagen zu atmosphärischen Sequenzen verdichtet und immer wieder die vertrauten Klänge der heimatlichen Musik integriert.

So selbstbewusst Winkelmanns „Ronde des Lutins“ die neue, traditionelle Wurzeln integrierende Musik weiterspinnt, behauptet sich Heinz Holliger „Alb-Chehr“. Schauspieler Dani Mangisch trägt die Geschichte im Stil eines Schauerromans so passend wie hervorragend vor, und die “sCHpillit“ spielen beherzt und akzentuiert, und bringen neben konventionellen klassischen und Volksmusikinstrumenten auch alpine Exoten wie das Fienschger Lädi (Streich-Psalterium), ein Bockhornophon (mit echten Ziegenhörnern), das Teenundi Titschini (abgestimmte Holzblöcke) und ein Gutteruschpil (Flaschenklavier) zum Klingen. Es ist eine düstere Geschichte – aber das Konzert endet wie jeder guter Schauerroman: mit klopfendem Herzen und Euphorie.

Offizielle Homepage des Festivals Alpentöne

(Foto: TheNoise)