Naked in English Class „Selfing“

Alte Songs im Geist von gestern – schräg und poppig

Naked in English Class ist die Coverband von Olifr M. Guz, dem Kopf der Schweizer Indie-Band Aeronauten, der sich auch als Solo-Künstler beträchtliche Meriten verdient hat. Gemeinsam mit Taranja Wu nimmt er sich Songs alter Haudegen vor. Manche, etwa The Sonics, sind nur noch Nischenliebhabern ein Begriff. Von anderen wird der Name durch Coverversionen am Leben erhalten. Das gilt zum Beispiel für Vince Taylor, von dessen „Brand New Cadillac“ viele meinen, er sei von The Clash. Oder „I’m Gonna Find A Cave“: Den Song des US-amerikanischen Sängers und Komponisten James Radcliffe verbindet man mit der britischen Rockband The Sorrows.
Zur Sammlung kommen auch Stücke von Outcasts wie Billy Childish und weitaus bekannteren Künstlern, etwa Iggy Pop und die B52’s.

Das Duo hat also Geschmack und Durchblick – und das Ergebnis ist wesentlich besser, als man es bei einer Band dieses Namens erwartet. „Throw That Beat In The Garbage Can“ (B52’s) wird zur rustikalen Elektropop-Nummer, die auch von den Eurythmics stammen könnte. Auch „Psycho“ (ursprünglich ein Rock’n’Roll-Song von The Sonics) passt mit seinem simplen, treibenden Beat und seinem fröhlichen Gesang in die 80er-Jahre-Elektropop-Schublade, hier allerdings eher im Stil von Les Rita Mitsouko oder Soft Cell. „Gimme Danger“, das Rock-Stück von Iggy Pop & The Stooges, das Naked in English Class schon auf einem früheren Album interpretiert haben, inszenieren sie auch dieses Mal düster und abgründig.
Die Coverversionen von Naked in English Class sind deutlich im Geist von Olifr M.Guz entstanden, dessen Aeronauten seit jeher gerne die Rohheit der Art brut – oder des Punk – mit schmissigen, ‚catchy‘ Melodien verbinden. Insofern ist das Album im doppelten Sinn retro: alte Stücke mit dem noch immer lebendigen Geist von gestern interpretiert.

Bisherige Rezensionen zu Guz auf schallplattenmann.de und im Blog

(Foto: Ikarus Records)