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Christian Zehnder und Gregor Hilbe, 15.1.2014, Tak, Schaan (FL)

Christian Zehnder und Gregor Hilbe, Vorschau, Bild: The Noise

Christian Zehnder und Gregor Hilbe, 15.1.2014, Tak, Schaan (FL) - Foto: The NoiseDas Oloid, vom Bildhauer und Maschinenbauer Paul Schatz 1929 entdeckt, ist ein eigenartiger, nicht nur mathematisch interessanter Körper. Mit zwei durch Kanten verbundenen, geschwungenen Flächen besitzt das Oloid Eigenschaften, die es deutlich von anderen Körpern unterscheiden. Es lässt sich knickfrei aus einem einzigen Stück Pappe herstellen und ist einer der wenigen bekannten Körper, die über ihre gesamte Oberfläche abrollen.

Musikalisch interessant ist das Oloid, seit Christian Zehnder und Gregor Hilbe dessen mathematische Grundlagen in Rhythmen transponieren. Diese sind zwar ungemein groovig, aber nur schwer zu durchschauen. Die mathematisch inspirierten Rhythmen könnten sie zum Teil selbst nicht zählen, bemerkt Christian Zehnder gegen Ende des Konzerts. »Aber es geht irgendwie.«

Wie viel Koketterie hinter diesem eher nebenbei gemachten Hinweis steckt, ist für die Hörer nicht zu erkennen. Immerhin vermag die Bemerkung ein wenig zu beruhigen, wenn man während der durchweg langen Stücke Metren und Takt nicht heraushören konnte. Der Sinnlichkeit, die die Kompositionen von Christian Zehnder und Gregor Hilbe ausstrahlen, und ihrer immer wieder außerordentlich mitreißenden Dynamik tut dies ohnehin keinen Abbruch.

Gregor Hilbe legt mit Loops aus Cello-Sequenzen und Schlagzeug das über weite Strecken stupende, mitunter an tribalistische Rhythmen gemahnende Fundament, das die wortlos erzählten Geschichten von Christian Zehnder trägt. Tragendes Element sind die Mundorgeln. Diese Eigenentwicklung – mit dem Mund geblasene hölzerne Orgelpfeifen – spielen sie nicht nur minimalistisch-redundant. Gemeinsam mit seinem typischen lautmalerischen Gurren, Gurgeln und Fauchen liefert Christian Zehnder immer wieder unglaublich virtuose Solopassagen. Zehnders Melodien scheinen der Weite der Steppe ebenso zu entstammen wie dem Alpenraum und sind offenbar gleichermaßen in der Tradition wie auch im Bereich der Avantgarde verwurzelt. Das ist für sich genommen eindrücklich – und wird durch die im Konzert gebotenen Varianten und Zehnders selbstverständliche Bühnenpräsenz noch furioser.

Bisherige Rezensionen zu Christian Zehnder auf schallplattenmann.de und im Schallplattenmann-Blog

Offizielle Homepage zum Oloid-Projekt von Christian Zehnder und Gregor Hilbe

Offizielle Homepage von Christian Zehnder

(Foto: TheNoise)

Christian Zehnder – Arkady Shilkloper – John Wolf Brennan, 17.11.2012, Tangente, Eschen (FL)

Ein Trio mit Christian Zehnder ist per se originell. Wer als Musiker gegen den Kuriositätenbonus des Obertonsängers anspielen muss, hat es gewiss schwer, doch dem Hornisten Arkady Shilkloper und dem Pianisten John Wolf Brennan fällt die Aufgabe leicht.

Alpentöne Blasorchester & Pago Libre mit Gästen, 19.08.2017, Theater Uri, Altdorf (CH)

So manches Musikfestival setzt neue musikalische Energien frei, die sonst nicht möglich wären. Das Alpentöne-Festival in Altdorf bringt dafür internationale Musiker in die Innerschweiz und inspiriert die heimischen Musiker nicht nur mit ungewöhnlichen Kollaborationen, sondern ermöglicht dem Nachwuchs den direkten Austausch.

Der irisch-schweizer Pianist und Komponist John Wolf Brennan hat mit seinem Kompositionsauftrag ein Orchester aus Amateuren mit Kollegen zusammengebracht, die er durch seine bisherige Arbeit bereits kennt – Christian Zehnder, einen der originellsten Sänger nicht nur der Schweiz, den Jazzgitarristen Christy Doran, wie Brennan irisch-schweizerischer Abstammung, die deutschen Florian Mayer (Violine) und Tom Götze (Kontrabass) sowie den russischen Alphorn- und Horn-Virtuosen Arkady Shilkloper und den gewitzten Schlagzeuger Patrice Héral aus Frankreich.

Brennans Kompositionen werden nicht nur den unterschiedlichen Protagonisten gerecht. Seine Stücke bieten wegen der unterschiedlichen Inspirationsquellen – von der Klassik über Jazz, Tango und unterschiedlichen Volksmusiken bis in zum „Tü-da-do“ des Postautos – viel Abwechslung. Dass er sie für jeweils unterschiedliche Besetzungen geschrieben hat und die ganze Bandbreite von lyrischer Beinahe-Stille bis zu beinahe überwältigender Opulenz auslotet, bereichert den Abend zusätzlich.
Und mit seinen ihm durchweg sehr vertrauten Mitstreitern, denen die Kompositionen wie auf den Leib geschrieben scheinen, geht Brennan keinerlei Risiko ein. Sie machen nicht nur schwächere Passagen vergessen, sondern heben auch schlichtere Ideen ein Treppchen höher. Christian Zehnder ist schlichtweg fulminant, und Arkady Shilkloper beherrscht seine Instrumente ohnehin wie kaum ein Zweiter. Überaus witzig ist Patrice Hérals Schlagzeugsolo ohne Schlagzeug, und als das Konzert mit einem überraschenden Kanon endet, zeigt auch der das gesamte Konzert über hinter seinem Flügel versteckte John Wolf Brennan seine witzige Seite. So kommt jeder auf seine Kosten – die nach Höhenflügen Suchenden ebenso wie diejenigen, die vor allem ihre Enkelin aus dem Tutti heraushören möchten.

Bisherige Rezensionen zu Christian Zehnder und anderen Protagonisten des Abends auf schallplattenmann.de und im Blog

Offizielle Homepage des Festivals Alpentöne

(Foto: TheNoise)

John Wolf Brennan, Aarkady Shilkloper & Klanglabor updaten das Sennen-Ave, 9.10.2014, Tak, Schaan (FL)

Sennen-Ave-3956Wir sind nicht auf der Alm und es ist kein Senn da, der seinen allabendlichen Schutzruf für Vieh und Gesinde in die vier Himmelsrichtungen psalmodieren könnte. Auch Christian Zehnder, der krankheitshalber fehlt, kann nicht aushelfen. So kommt der Alpsegen von der Konserve – und weder ein prächtiger Blick in das Tal noch Naturgeräusch unterstützt die Erhabenheit, die im Akt des Betrufs steckt.

Spät setzt dann die Musik ein, langsam und leise plätschernd – produziert nach dem Konzept der experimentellen Musik, das sich besonders in den 80er-Jahren verbreitet hat: Alltägliche Produkte wie eine Kuchenform werden zur Klangerzeugung eingesetzt oder die Instrumente mit nicht für sie vorgesehenen Gegenständen bearbeitet. Beim Klanglabor wird einmal mehr die Gitarre mit einem Geigenbogen gespielt.

Als sich John Wolf Brennan und Arkady Shilkloper dazugesellen, wird die Arbeitsteilung klar: hier die Ruhe, dort die Kraft. Das Klanglabor wird weiterhin für den ruhigen Untergrund sorgen, während Brennan und Shilkloper solistisch brillieren. Auch Brennan macht das nach einem bekannten Konzept – dem präparierten Klavier. Doch wenn er die Klaviersaiten mit einem Faden zum Streichinstrument macht oder sie mit Schlägeln bearbeitet, geht es um die Klangerweiterung des Instruments und nicht um den Einsatz möglichst kurioser Klangerzeuger. Und er beweist damit – wie immer wieder auch Arkady Shilkloper –, dass man auch ohne ausgefallene Hilfsmittel virtuos und originell sein kann.

Der Alpsegen braucht kein Update. Man darf seine Aktualisierung genauso überflüssig finden wie so manches neue Feature eines Computerprogramms. Doch wenn Arkady Shilkloper bei der Zugabe die Melodie des noch einmal von Konserve eingespielten Sennen-Aves aufgreift und den Sprechgesang umspielt, kann man sich auch für das Nicht-Notwendige begeistern.

Bisherige Rezensionen zu Zehnder-Shilkloper-Brennan sowie zu Christian Zehnder im Blog und auf schallplattenmann.de

Offizielle Homepage von Arkady Shilkloper

Offizielle Homepage von John Wolf Brennan

Offizielle Homepage des leider verhinderten Christian Zehnder

Offizielle Homepage von Klanglabor

(Foto: TheNoise)

TheNoise‘ Top 5 2013

„Lied kommt, Lied geht“ sangen Chuzpe 1982 und beschrieben so ungewollt auch die Arbeit des  Musikjournalisten. [amazon_image id=“B00FCAJZEK“ link=“true“ target=“_blank“ size=“medium“ class=“alignright“]Keith Jarrett „Concerts-Bregenz/München“[/amazon_image]Viele Eintagsfliegen summen vorüber, und die Flut der Veröffentlichungen schwemmt auch so manches gute Album, das man gerne länger gehört hätte, frühzeitig weg. Der Strom fließt unaufhaltsam. Auch wenn sich die Farbe immer wieder ändert, die Wellen mal lebendiger hüpfen und sich dann und wann der Nebelschleier über sie legt: Es gibt in der Regel keine Erinnerungspunkte, mit denen man das Album verknüpft. Sind Michael Wollnys „Wasted & Wanted“ und Arvo Pärts „Adam’s Lament“ tatsächlich schon letztes Jahr erschienen? Begeistert Keith Jarrett vielleicht nur, weil das Album noch so frisch im Gehörgang ist?

Die Arbeit am Resümee zum Jahresende ist eine willkommene Insel in der Musikflut. An ihr zieht die Musik noch einmal vorbei, es werden Einschätzungen überprüft und die Höhepunkte bestimmt.

  1. [amazon_link id=“B00ANDVOEK“ target=“_blank“ ]Christian Zehnder/Gregor Hilbe „Oloid“[/amazon_link] Vertonte Geometrie: So eigenwillig wie der geometrische Körper des Oloids ist die Musik des Duos. Christian Zehnder baut in Zusammenarbeit mit dem Perkussionisten Gregor Hilbe seinen ureigenen Klangkosmos weiter aus ­– nicht nur stimmlich, sondern auch mit eigens entwickelten Mund-Orgel-Pfeifen.
  2. [amazon_link id=“B00CE27FPA“ target=“_blank“ ]Kayhan Kalhor/Erdal Erzincan „Kula Kulluk Kula Kulluk Yakisir Mi“[/amazon_link] East meets East: Seit knapp zehn Jahren arbeiten Kayhan Kalhor (Kamanche) und Erdal Erzincan (Baglama) an ihrem Ost-östlichen Divan mit ihrem jüngst erschienenen Album evozieren sie – wie ein Kritiker bekundete – „Emotionen, die weiter über die Wirkung von Worten hinaus gehen.“
  3. [amazon_link id=“B00B1MDZDU“ target=“_blank“ ]DaWangGang „Wild Tune Stray Rhythm“[/amazon_link] »Der Multi-Instrumentalist und frühere Rockmusiker Song Yuzhe verknüpft mit seinem Ensemble DaWangGang Überlieferungen aus Tibet, der Mongolei oder auch der Peking-Oper zu souveränen Klangkunst-Erzählungen, kraftvoll, entrückt und ganz und gar zeitgenössisch«, urteilte die Jury des Preises der deutschen Schallplattenkritik. Wo die Juroren Recht haben …
  4. [amazon_link id=“B00F4IEAJU“ target=“_blank“ ]Hans Hassler „Hassler„[/amazon_link] Der Schweizer Avantgarde-Akkordeonist auf Spurensuche. Hans Hassler greift traditionelle Volksmusik auf und interpretiert sie neu.
  5. [amazon_link id=“B00BEXE39Q“ target=“_blank“ ]Samba Touré „Albala„[/amazon_link] Desert Blues at its best. Samba Touré führt die Arbeit seines Namensvetters und früheren Arbeitgebers, dem 2006 verstorbenen Grammy-Gewinner Ali Farka Touré, eigenständig weiter. Seine Musik verströmt – fern von jeglicher Afropop-Fröhlichkeit – große Gelassenheit.

Auf den weiteren Plätzen

  1. Tingvall Trio „In Concert“
  2. Ashia & The Bison Rouge „Diesel vs. Lungs“
  3. Harry Stojka „India Express“
  4. Charles Bradley „Victim of Love“
  5. Merz/Julian Sartorius „No Compass Will Find Home“

Ehrenhafte Erwähnungen

  • Keith Jarrett „Concerts Bregenz/München“ Neuauflage von Konzertmitschnitten aus dem Jahr 1981 – gleichermaßen lyrisch und kraftvoll.
  • Jimi Hendrix „Starting At Zero“ Die ‘Posthume Autobiographie’ bietet überraschenden Einblicke. Die Texte, in die immer wieder Liedtexte montiert sind, helfen mit, der tatsächlichen Person ein wenig näher zu kommen.
  • Strom & Wasser und The Refugees „Freiheit ist ein Paradies“ Auch in diesem Jahr machte Heinz Ratz Musik für Menschlichkeit: Das zweite Album mit Musikern, die als Asylbewerber in Deutschland leben.

Yokko, 15.11.2013, Krempel, Buchs (CH)

Yokko-DSC_5187Vom Schweizer Radio wurden sie nach dem Erscheinen ihres Debütalbums „Seven Seas“ zum „Best Talent“ gekürt, andere sehen Yokko sogar schon als Schweizer Export im internationalen Pophimmel. Das Berner Quintett mag große Gesten, doch auch ihr früher Erfolg erspart ihnen nicht die Ochsentour durch halbleere Jugendschuppen. Immerhin sollen hier, am äußersten Rand der Schweiz, kürzlich auch die Haudegen des Berner Rock wie Züri West und Büne Huber gespielt haben, Schweizer Institutionen.

So weit sind Yokko noch lange nicht, auch wenn sie sich – abgesehen von den hölzernen Ansagen ihres Frontmanns Adrian Erni, mit denen er das Publikum nicht gewinnen kann – vordergründig souverän und selbstsicher geben. Doch auch damit können Yokko nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie mit überaus hausbackenem Material reüssieren wollen. Gefällige immer wieder mit bombastischen Keyboard-Klängen aufgemotzte Melodien bestimmen die durchweg austauschbaren Songs im Midtempo-Bereich. Zwischendurch gibt es Balladen, doch sie kühlen nur, was vorher schon nicht richtig heiß war.

Die Berner spielen gefällig ihren Wave-Vorbildern hinterher, zu überraschen vermögen sie nicht. Ob das den Traum von der internationalen Karriere wahr werden lässt, darf bezweifelt werden. Die Nachbarländer haben genügend Mitläufer, dorthin muss man keine mehr importieren. Erfolg haben dort nur einheimischer und US-amerikanischer Mainstream und fremdländische Originalität. Jenseits der Landesgrenzen erfolgreiche Schweizer Mainstream-Musiker sind selten – Lys Assia und Vico Torriani, aber deren Zeit liegt lange zurück. Man muss schon Spezielles bieten, wie es beispielsweise Yello oder in bescheidenerem Rahmen Erika Stucky und Christian Zehnder tun, um als Schweizer Musiker im Ausland gesteigerte Aufmerksamkeit zu bekommen.

‚Atlantic Wave‘ labelt die Band ihre Musik, bislang ist sie bestenfalls eine Mittelmeerplätscherwelle.

Nächste Konzerte von Yokko

(Foto: TheNoise)