Autor: Klaus Wenzel

Aaron Neville „Apache“

Solides Alterswerk des 75-jährigen Ausnahme-Sängers Aaron Neville. Er reizt in Zusammenarbeit mit versierten Profis sein ganzes musikalisches Spektrum zwischen samtigen Soul-Balladen, Funk, R’n’B aus und verleiht auch schwächeren Titeln durch seine tolle Stimme und eigene Texte, die er engagiert vorträgt, Glanz. 56 Jahre im Dienste des amerikanischen Show-Biz und „still going strong“. Wer kann das sonst von sich behaupten. Guter Mann, gutes Album

Mick Harvey Delirium Tremens

Mick Harvey, der australische Gitarrist und Sänger, mag die Musik Serge Gainsbourghs. Das zeigt er nunmehr zum dritten Mal seit 1985. Die Songs hat er eigenhändig und mit viel Akribie ins Englische übersetzt. Musikalisch changiert er zwischen beinahe ehrfürchtiger Werktreue und Ausflügen in die eigene Vergangenheit als Krachmacher bei den „Bad Seeds“. Insgesamt hält er sich jedoch dicht an die Originale.

Graham Candy „Plan A“

Stilistische Vielfalt oder Zutaten, die nicht zusammen passen? Graham Candy hat zwar eine markante Stimme, aber seine Songs klingen, wie eine wilde Mischung aus Euro-Pop, Singer-Songwriter-Versuchen, gefühlvollem Soulpop und Euro-Disco. Darüber zuviel Dressing aus Geigenbombast und einem 30-köpfigen Background-Chor. Die Kompositionen sind bisweilen nur durchschnittlich, und die Persönlichkeit des Sängers muss noch wachsen.

Milow „Modern Heart“

Milow versucht mit seinem fünften Album eine vorsichtige Modernisierung seiner Musik, ohne sich von seinen Markenzeichen – Gesang und aktustische Gitarre – zu verabschieden. Das gelingt ganz gut, weil die prominenten Produzenten ihre angesagten Sounds und Stilmittel unaufdringlich im Hintergrund lassen und Milow so seine bekannten Qualitäten ausspielen kann.

Femme Schmidt „Raw“

Überproduzierter Girlpop aus ‚good old Germany‘. Femme Schmidt hat eine gute Stimme, die jedoch untergeht, weil sie zu sehr nach dem internationalen Erfolg schielt.

Jochen Distelmeyer „Songs from the Bottom Vol. 1“

Coveralbum des ehemaligen Blumfeld-Vordenkers. Wirkt, als ob er seine Plattensammlung durchgehört hätte und einige Lieblingssongs für sich und seine Hörer spielen wollte. Teils erstaunlich, wenn aus einem Dancefloor-Titel fast ein Ambient-Song wird; teils verzichtbar.

CTM „Suite For A Young Girl“

Kurztrip in musikalische Wege jenseits des Bekannten. Mal spannend, mal (über-)ambitioniert. Anklänge an Progressive-, Jazz- oder Postrock wirken wie Wegweiser im unbekannten Terrain. Wohin genau die Reise geht, bleibt jedoch bis zum Schluss des Mini-Albums ungewiss.

Swaying Wires „I Left a House Burning“

Klare Jungmädchenstimme trifft auf folkige, bisweilen psychedelische Klänge. Bekannte Mischung, aber gekonnt angerichtet. Macht Appetit auf mehr und vermag bis zum Frühjahr mit wohligen Klängen zu wärmen.

Stephanie Nilles „Murder Ballads“

Schauerliche Moritaten von Mördern, Waffennarren, eifersüchtigen Liebhabern und deren Opfern. Eigene Songs mit aktuellen Reverenzen und Cover-Versionen zum Thema von Jelly Roll Morton oder Blind Willy McTell. Das alles würzt Stephanie Nilles mit einer starken Prise schwarzen Humors.