Autor: TheNoise

Huun-Huur-Tu, 28.5.2014, Tak, Schaan (FL)

Huun-Huur-Tu-DSC_9745Es würde nicht verwundern, zu hören, dass man Huun-Huur-Tu in ihrer Heimat, dem sibirischen Tuwa, Tümelei und Rückwärtsgewandtheit vorwirft. Die Lieder des Quartetts – egal ob überlieferte oder selbstkomponierte – drehen sich vor allem um Pferde und die Liebe, dann um die Liebe und die Pferde und danach noch um Heimat, um die Tradition und um die Macht der Natur.
Dass sie einen musikalisch ungewöhnlichen Ansatz verfolgen, wissen nur Eingeweihte. Huun-Huur-Tu bringen den üblicherweise solo gesungenen Kehlkopfgesang im Bandkontext, mit traditionellen Instrumenten wie der Igil (eine zweiseitige Pferdekopfgeige), der ebenfalls mit dem Bogen gestrichenen Byzaanchi, der Holzflöte Shoor oder dem Banjo-ähnlichen dreiseitigen Zupfinstrument Doshpuluur. Und auch das ist nicht mehr neu – allerdings dank Huun-Huur-Tu, sie machen diese Art Musik seit ihrer Gründung vor gut zwanzig Jahren.
Dennoch besticht ihre Musik auch heute noch. Dabei ist es egal ob sie ihre langgezogenen, von gutturalen Klängen bestimmten Lieder singen, ob sie gefälligere Melodien im Galopp durch den Saal treiben oder ob sie düster-atmosphärische Stücke wie das an der Grenze zum Psychedelischen liegende „Orphan’s Lament“ intonieren. Das Quartett erhält die Spannung nicht nur durch den Wechsel zwischen langsamen und treibenden Stücken aufrecht, sondern variiert auch die Klangfarben, indem es die unterschiedlichen Stimmen – jeder Musiker singt nicht nur im Chor, sondern übernimmt immer wieder die Leadstimme – beziehungsweise Arten des Obertons in den Vordergrund stellt. Der Ansatz, im zweiten Teil des Konzerts die Klangfarbe mit einer klassischen Gitarre zu erweitern, fällt größtenteils der Technik zum Opfer: Die sanft gezupfte Gitarre ist kaum zu hören.
Doch auch dermaßen unfreiwillig reduziert überzeugen Huun-Huur-Tu. Der unterschwelligen Kraft ihrer Musik kann auch mangelhafte Abmischung nicht viel anhaben.

Bisherige Rezensionen zu Huun-Huur-Tu auf schallplattenmann.de

Offizielle Homepage von Huun-Huur-Tu

Nächstes Konzert: Fr., 4.7.2014, Montafoner Sommer, Schruns (A)

(Foto: TheNoise)

Hauschka „Abandoned City“

hauschka_-_abandoned_city[rating=3] Ziel verfehlt, Treffer gelandet

Immer wieder sieht man Bilder von Geisterstädten, die Menschen aus den unterschiedlichsten Gründen verlassen haben. Sie gleichen sich in gewisser Weise, egal ob sie aus Prypjat (Ukraine) stammen, das nach dem Reaktorunglück in Tschernobyl geräumt wurde, oder im Viertel mit den UFO-Häusern von Sanzhi Pod City gemacht wurden. Der meist poetische Ansicht des Verfalls vermittelt eine geisterhafte Stille, die allenfalls von aufgescheuchten Tieren gelegentlich unterbrochen wird.

Hauschkas musikalische Beschreibung von aufgegebenen Städten vermittelt ganz andere Eindrücke. In ihnen geht es so quirlig zu wie Samstagnacht im angesagtesten Club einer westlichen Metropole, in Hauschkas Bildern ist es so drängelnd wie zur Rushhour in Tokio. Da ist es kaum ruhig und ohne die bedrückende Leere, die Unglücke in der Regel hinterlassen. Hauschkas Musik ist dafür zu überladen und zu antreibend und passt als solche eher zum „Dritten Mann“, der durch den Untergrund gehetzt wird oder zu den „Modernen Zeiten“, die den Menschen überfordern.
Man tut gut daran, Bilder zu vergessen, in denen Katastrophengebiete surreal-märchenhaft gezeichnet werden und sich ohne Erwartung an Hauschkas „Abandoned City“ anzunähern. Denn der stilistisch nicht wirklich einzuordnende Hauschka hat seine eigene, vibrierende Klangwelt geschaffen, die weniger wie die Stille danach wirkt, sondern vielmehr als der Lärm vor und während des Untergangs, der Katastrophe wirkt.

Dass der Komponist und Pianist Volker Bertelmann unter dem Künstlernamen Hauschka auftritt, verweist auf die Popkultur, seine Ausbildung auf die Klassik, und mit seiner Musik schlägt er neue Wege ein. Oft dramatisch und kraftvoll wirkt sie mitunter wie apokalyptische Filmmusik – auch, weil die dem präparierten Klavier entlockten Töne manchmal wie rhythmisierte Geräusche wirken. Seine pulsierenden Arpeggien erinnern an die Minimal Music eines Philip Glass, gelegentlich meint man entfernte Reminiszenzen an die Disco-Kultur herauszuhören, und immer wieder flicht Hauschka auch lyrische Passagen in seine treibenden Rhythmen.
Im Vergleich zu den Bildern der kargen Räumen und der unterschwellig dramatischen Ödnis, die sich beim Gedanken an aufgegebene Orte einstellen, wirken Hauschkas Kompositionen zu dynamisch und seine Arrangements immer wieder überladen. Doch seine Musik ist stark genug, um neue, eigene Bilder entstehen zu lassen.

Offizielle Homepage von Hauschka

(Foto: City Slang)

Garish, 28.3.2014, Spielboden, Dornbirn (A)

Garish-DSC_7498Die Entfernung könnte nicht größer sein: Doch obwohl Garish vom anderen Ende des Landes kommen, werden sie vom Publikum empfangen wie die Dornbirn Bulldogs nach dem Auswärtssieg ihres Lebens. Und das burgenländische Quintett bietet, was von ihnen erwartet wird: Ohrwürmer, gefühlvoll und tanzbar, aufgewertet durch assoziationsreiche Texte. Das alles bieten Garish auf ihrem neuen Album „Trumpf“ – und mehr müssen sie für ein Heimspiel nicht bieten. Routiniert wechseln die Musiker zwischen einfühlsamen und flotten Passagen und liefern zwischendurch mit Triangel und Mandoline eher ungewöhnliche Klangfarben. Für „Auf den Dächern“ reduzieren sich Garish zum Duo, „Unglück trägt den selben Namen“ erinnert an ein Bänkellied, zwischendurch – etwa bei „Den Idioten zum Beweis“ – imitieren sie Element of Crime und dazwischen sind sie immer wieder ein wenig langweilig.
Wer die richtigen Fans hat, wird trotzdem bis zum Umfallen auf die Bühne zurückgerufen. Obwohl der Abschied mit „Paris“, „Abendrot“ „Eisenherz“ und „Schaltzentrale“ nichts Neues bringt, so ist er immerhin von schlichter Schönheit.

Offizielle Homepage von Garish

(Foto: TheNoise)

Die Heiterkeit „Monterey“

Die Heiterkeit [rating=3] Charmant unzulänglich – das Trio macht Schwächen zu Stärken.

Am Hinweis, dass die Sängerin des Hamburger Trios „Die Heiterkeit“ auf bemerkenswert Weise nicht singen kann, führt kein Weg vorbei. Dabei ist das keineswegs außergewöhnlich. Stella Sommer ist nicht die erste in der Welt der Popmusik, der es an der stimmlichen Voraussetzung für eine erfolgreiche Karriere fehlt. Musiker wie Lou Reed und Blixa Bargeld oder die im Zusammenhang mit Die Heiterkeit immer wieder strapazierten Nico und Hildegard Knef haben dieses Manko ausgeglichen, indem sie sich die Musik auf ihr mangelndes Ausdrucksvermögen hin zuschnitten. Nico wirkte gerade deswegen cool und Hildegard Knef authentisch.

Ihr Asset der ungewöhnlichen Stimme kombiniert das Trio mit den seit den 80er-Jahren bekannten Stärken: Der simplen Umsetzung im Stil der ‚Genialen Dilettanten‘ und der richtigen Attitüde. Passend dazu hat Heiterkeit-Bassistin Rabea Erradi den melodiös-warmen, unverwechselbaren Bassklang von Joy Division ausgegraben, und auch der Keyboard-Einsatz weist in diese Ära.

Die Heiterkeit auf Reminiszenzen und Attitüde zu reduzieren, wäre ungerecht. Denn die drei spielen mit der stringent unterkühlte Haltung, die sie an den Tag legen. Wenn Stella Sommer an eine Textzeile ein tiefes „hoho“ dranhängt, damit der Reim gewahrt bleibt, darf man das durchaus als Verballhornung der Schlagerkonvention. Anders als etwa bei den Lassie Singers oder bei Almut Klotz nähern sich die simplen, getragenen Melodien des Trios dem Schlager kaum an. Und auch die Texte von Stella Sommer sind weit davon entfernt. Obwohl sie oft von der Liebe handeln ist sie weit weg von falschen Gefühlen und eindeutigen Aussagen. Stella Sommer – die immer mit eigenwilligen Einfällen und Wendungen überrascht – lässt in ihren Texten viel im Ungefähren, was diese eigenständiger macht als die gefällig-melancholischen Arrangements, zu denen sie vorgetragen werden.

Offizielle Homepage von Die Heiterkeit

(Foto: Staatsakt)

Die Nerven, 13.2.2014, Spielboden, Dornbirn (A)

Nerven-DSC_6960Das haben wir alles schon gehört: Grobe Rückkoppelungen, die weit weniger interessant sirren als noch bei Jimi Hendrix; hinausgeschriene oder sprechgesungene Texte, die vergleichsweise lange und simple Instrumentalpassagen nur kurz unterbrechen. Doch die Schwaben, der Name scheint Programm zu sein, treffen den Nerv und heben sich – wenn man das bei derart roher Musik sagen darf – wohltuend von den Indie-Rockern ab, deren Musik mehr vom Zeitgeist als vom musikalischen Selbstverständnis geprägt ist.
Dass ihre Texte kaum zu verstehen sind, der Bass nicht annähernd so schön knallt wie auf dem Album und auch sonst der Klang zu wünschen übrig lässt: Es tut dem Vergnügen keinen Abbruch. Wären Die Nerven Fotografen, so würden sie keine geleckten Bilder machen, sondern unscharfe und verwischte – atmosphärische Momentaufnahmen, die technisch mangelhaft sein mögen, aber umso mehr Ausstrahlung besitzen.
Das Trio geht kühl und doch engagiert zur Sache. Wenig Interaktion mit dem Publikum, wenig untereinander. Man freut sich eher im Stillen, wenn ein Übergang klappt oder der eher diffizile Abschluss eines Stückes.
Das von wem auch immer vergebene Attribut „Hipsterband für alte Szenesäcke“ führt das Trio auf ihrer Webseite als eine ihrer Lieblingsbezeichnungen auf. Tatsächlich erinnern Die Nerven an die Endsiebziger No-Future-Bands. „Was auch immer wir jetzt lernen, ist mit Sicherheit nicht wichtig/Was auch immer wir jetzt lernen, ist mit Sicherheit egal“, konstatieren sie nüchtern in ihrem Song „Albtraum“ und  dass sie nichts mehr erwarten. Dazu passen der rohe Klang und der immer wieder schwerfällige Rhythmus genauso wie ein Auftritt, der frei von Attitüden ist.
Noch hat sich offenbar nicht herumgesprochen, dass die Musik des Trios auf der von Bands wie Sonic Youth und Joy Division aufbaut. Es sind kaum „alte Szenesäcke“ da, für die ihre Musik sein soll. Das Publikum der Nerven ist überwiegend jung wie sie selbst. Doch bestehen können sie auch vor älteren Semestern – geht alle hin und hört.

Offizielle Homepage von Die Nerven und ihr Tourplan

(Foto: TheNoise)

Various „Stimmen Bayerns – Die Freiheit“

Various [rating=2] Von den Haberfeldtreibern über den Räuber Kneissl bis zu den Schwabinger Krawallen – eine vielfältige Zusammenstellung mit überflüssigen Freiheitsbekundungen

Die Bayern sagen sich ein besonderes Verhältnis zur Freiheit nach. Außerhalb des Bundeslandes registriert man das vor allem durch die idyllisierende Stilisierung des Räubers und Polizistenmörders Matthias Kneißl zum Freiheitsheld und vielleicht mehr noch, weil sie auf der bundespolitischen Bühne ständig eine Sonderrolle für sich beanspruchen.
Dass es zahlreiche Zeugnisse des bayerischen Freiheitsdrangs gibt, zeigt die jüngste Ausgabe der Reihe „Stimmen Bayerns“, die – natürlich aus bayerischer Perspektive – so ziemlich alle Facetten der Freiheit beleuchtet. Das reicht von Georg Queris Erzählung vom „Haberfeldtreiben“, ein Brauch aus dem 18. Jahrhundert, bis hin zu den Schwabinger Krawallen im Jahr 1962. Die Zahl der Beiträger ist so illuster wie die Bandbreite. Die üblichen Verdächtigen – Georg Ringsgwandl, Gerhard Polt, Willy Michl und die Spider Murphy Gang – fehlen ebenso wenig wie so obskure Beiträger wie Sigurd Kämpft. Das ergibt eine Mischung, die amüsant und abwechslungsreich ist, die nachdenklich stimmt und zwischendurch auch nervt. Selbst wenn es stimmen sollte, dass die Bayern freiheitsliebender sind als die Menschen in anderen Bundesländern: Der künstlerische Ausdruck erreicht nicht bei allen Beiträgern die Intensität der Freiheitsliebe. Dichter wäre die Zusammenstellung geworden, wenn man sich auf eine CD beschränkt hätte.

Bisher erschienene Ausgaben der Reihe „Stimmen Bayerns“

Offizielle Homepage von Trikont

(Foto: Trikont)

Christian Zehnder und Gregor Hilbe, 15.1.2014, Tak, Schaan (FL)

Christian Zehnder und Gregor Hilbe, Vorschau, Bild: The Noise

Christian Zehnder und Gregor Hilbe, 15.1.2014, Tak, Schaan (FL) - Foto: The NoiseDas Oloid, vom Bildhauer und Maschinenbauer Paul Schatz 1929 entdeckt, ist ein eigenartiger, nicht nur mathematisch interessanter Körper. Mit zwei durch Kanten verbundenen, geschwungenen Flächen besitzt das Oloid Eigenschaften, die es deutlich von anderen Körpern unterscheiden. Es lässt sich knickfrei aus einem einzigen Stück Pappe herstellen und ist einer der wenigen bekannten Körper, die über ihre gesamte Oberfläche abrollen.

Musikalisch interessant ist das Oloid, seit Christian Zehnder und Gregor Hilbe dessen mathematische Grundlagen in Rhythmen transponieren. Diese sind zwar ungemein groovig, aber nur schwer zu durchschauen. Die mathematisch inspirierten Rhythmen könnten sie zum Teil selbst nicht zählen, bemerkt Christian Zehnder gegen Ende des Konzerts. »Aber es geht irgendwie.«

Wie viel Koketterie hinter diesem eher nebenbei gemachten Hinweis steckt, ist für die Hörer nicht zu erkennen. Immerhin vermag die Bemerkung ein wenig zu beruhigen, wenn man während der durchweg langen Stücke Metren und Takt nicht heraushören konnte. Der Sinnlichkeit, die die Kompositionen von Christian Zehnder und Gregor Hilbe ausstrahlen, und ihrer immer wieder außerordentlich mitreißenden Dynamik tut dies ohnehin keinen Abbruch.

Gregor Hilbe legt mit Loops aus Cello-Sequenzen und Schlagzeug das über weite Strecken stupende, mitunter an tribalistische Rhythmen gemahnende Fundament, das die wortlos erzählten Geschichten von Christian Zehnder trägt. Tragendes Element sind die Mundorgeln. Diese Eigenentwicklung – mit dem Mund geblasene hölzerne Orgelpfeifen – spielen sie nicht nur minimalistisch-redundant. Gemeinsam mit seinem typischen lautmalerischen Gurren, Gurgeln und Fauchen liefert Christian Zehnder immer wieder unglaublich virtuose Solopassagen. Zehnders Melodien scheinen der Weite der Steppe ebenso zu entstammen wie dem Alpenraum und sind offenbar gleichermaßen in der Tradition wie auch im Bereich der Avantgarde verwurzelt. Das ist für sich genommen eindrücklich – und wird durch die im Konzert gebotenen Varianten und Zehnders selbstverständliche Bühnenpräsenz noch furioser.

Bisherige Rezensionen zu Christian Zehnder auf schallplattenmann.de und im Schallplattenmann-Blog

Offizielle Homepage zum Oloid-Projekt von Christian Zehnder und Gregor Hilbe

Offizielle Homepage von Christian Zehnder

(Foto: TheNoise)

Guz „Der beste Freund des Menschen“

guz_beste_freund[rating=3] General Guz befreit Pyongyang: Willkommen in Hassloch

Diplomatische Bemühungen reichen nicht, um Nordkorea zu befreien. Das schafft nur General Guz, der zwar mit Pauken, aber ganz ohne Fanfaren in der nordkoreanischen Hauptstadt einreitet. Seine Eroberungshymne, „General Guz befreit Pyongyang „, ist ein Instrumentalstück mit Rock’n’Roll-Schlagzeug und Italo-Western-Trompete. Sie wirkt ein wenig wie die Erkennungsmelodie einer Kinder-TV-Serie – mit einem Diktator, der so lächerlich ist wie die Daltons, und einem General der sich selbstironisch als Mischung aus Rin Tin Tin und Rantanplan sieht.

Guz mischt die Stile, strickt „Hey Jude“ von den Beatles um und fegt im Charleston-Schritt aufs Parkett. Dazu erzählt er seine allltagsbanalen Geschichten („Hassloch“) und ernsten Nonsens („Komm lass uns Drogen nehmen und rumfahr’n“). In seinen scheinbar simplen Liedern steckt wie immer wesentlich mehr als man auf Anhieb erkennt. So konterkariert er die kleinbürgerliche Zufriedenheit, die die hessische Kleinstadt Hassloch ausstrahlt , indem er das Finale des Stücks ironisch-bombastisch aufbauscht. Und wenn er zurückschaut („1984“), macht er das mit einem selbstironisch-spöttischen Blick. »Ich und meine Scheiß-Band – ich hoffe, ihr habt uns nie gehört. Ich wollte nur eine Freundin, doch sie hielt mich für total gestört«, lässt er sein lyrisches Ich über seine ursprüngliche Motivation berichten, die ihn zur Musik geführt hat. (In einem vor vielen Jahren geführten Interview gab er einen anderen, realistischer wirkenden Grund an.)

Wie immer erzählt der Schaffhauser Liedermacher seine Geschichten aus dem Alltag mit liebevoll-sarkastischem Blick. Wiederum hat er die meisten Instrumente selbst eingespielt und sein Stil-Repertoire erweitert. Doch egal, welchen Stil er auch zitiert, es bleibt immer Guz.

Bisherige Rezensionen zu Guz und seiner Band, den Aeronauten auf schallplattenmann.de

Offizielle Homepage von Guz und von den Aeronauten

(Foto: Rookie Records)

TheNoise‘ Top 5 2013

„Lied kommt, Lied geht“ sangen Chuzpe 1982 und beschrieben so ungewollt auch die Arbeit des  Musikjournalisten. [amazon_image id=“B00FCAJZEK“ link=“true“ target=“_blank“ size=“medium“ class=“alignright“]Keith Jarrett „Concerts-Bregenz/München“[/amazon_image]Viele Eintagsfliegen summen vorüber, und die Flut der Veröffentlichungen schwemmt auch so manches gute Album, das man gerne länger gehört hätte, frühzeitig weg. Der Strom fließt unaufhaltsam. Auch wenn sich die Farbe immer wieder ändert, die Wellen mal lebendiger hüpfen und sich dann und wann der Nebelschleier über sie legt: Es gibt in der Regel keine Erinnerungspunkte, mit denen man das Album verknüpft. Sind Michael Wollnys „Wasted & Wanted“ und Arvo Pärts „Adam’s Lament“ tatsächlich schon letztes Jahr erschienen? Begeistert Keith Jarrett vielleicht nur, weil das Album noch so frisch im Gehörgang ist?

Die Arbeit am Resümee zum Jahresende ist eine willkommene Insel in der Musikflut. An ihr zieht die Musik noch einmal vorbei, es werden Einschätzungen überprüft und die Höhepunkte bestimmt.

  1. [amazon_link id=“B00ANDVOEK“ target=“_blank“ ]Christian Zehnder/Gregor Hilbe „Oloid“[/amazon_link]
    Vertonte Geometrie: So eigenwillig wie der geometrische Körper des Oloids ist die Musik des Duos. Christian Zehnder baut in Zusammenarbeit mit dem Perkussionisten Gregor Hilbe seinen ureigenen Klangkosmos weiter aus ­– nicht nur stimmlich, sondern auch mit eigens entwickelten Mund-Orgel-Pfeifen.
  2. [amazon_link id=“B00CE27FPA“ target=“_blank“ ]Kayhan Kalhor/Erdal Erzincan „Kula Kulluk Kula Kulluk Yakisir Mi“[/amazon_link]
    East meets East: Seit knapp zehn Jahren arbeiten Kayhan Kalhor (Kamanche) und Erdal Erzincan (Baglama) an ihrem Ost-östlichen Divan mit ihrem jüngst erschienenen Album evozieren sie – wie ein Kritiker bekundete – „Emotionen, die weiter über die Wirkung von Worten hinaus gehen.“
  3. [amazon_link id=“B00B1MDZDU“ target=“_blank“ ]DaWangGang „Wild Tune Stray Rhythm“[/amazon_link]
    »Der Multi-Instrumentalist und frühere Rockmusiker Song Yuzhe verknüpft mit seinem Ensemble DaWangGang Überlieferungen aus Tibet, der Mongolei oder auch der Peking-Oper zu souveränen Klangkunst-Erzählungen, kraftvoll, entrückt und ganz und gar zeitgenössisch«, urteilte die Jury des Preises der deutschen Schallplattenkritik. Wo die Juroren Recht haben …
  4. [amazon_link id=“B00F4IEAJU“ target=“_blank“ ]Hans Hassler „Hassler„[/amazon_link]
    Der Schweizer Avantgarde-Akkordeonist auf Spurensuche. Hans Hassler greift traditionelle Volksmusik auf und interpretiert sie neu.
  5. [amazon_link id=“B00BEXE39Q“ target=“_blank“ ]Samba Touré „Albala„[/amazon_link]
    Desert Blues at its best. Samba Touré führt die Arbeit seines Namensvetters und früheren Arbeitgebers, dem 2006 verstorbenen Grammy-Gewinner Ali Farka Touré, eigenständig weiter. Seine Musik verströmt – fern von jeglicher Afropop-Fröhlichkeit – große Gelassenheit.

Auf den weiteren Plätzen

  1. Tingvall Trio „In Concert“
  2. Ashia & The Bison Rouge „Diesel vs. Lungs“
  3. Harry Stojka „India Express“
  4. Charles Bradley „Victim of Love“
  5. Merz/Julian Sartorius „No Compass Will Find Home“

Ehrenhafte Erwähnungen

  • Keith Jarrett „Concerts Bregenz/München“
    Neuauflage von Konzertmitschnitten aus dem Jahr 1981 – gleichermaßen lyrisch und kraftvoll.
  • Jimi Hendrix „Starting At Zero“
    Die ‘Posthume Autobiographie’ bietet überraschenden Einblicke. Die Texte, in die immer wieder Liedtexte montiert sind, helfen mit, der tatsächlichen Person ein wenig näher zu kommen.
  • Strom & Wasser und The Refugees „Freiheit ist ein Paradies“
    Auch in diesem Jahr machte Heinz Ratz Musik für Menschlichkeit: Das zweite Album mit Musikern, die als Asylbewerber in Deutschland leben.

Various „Heimatlieder aus Deutschland“

Various [rating=3] Musik von Immigranten: Eine Einladung, die fremden Klänge der Heimat zu entdecken.

Für Lissabon-Reisende zählt der Besuch eines Fado-Lokals ebenso zum Pflichtprogramm wie der Abend mit chinesischer Musik beim Peking-Aufenthalt oder Wasserpuppenspiele in Vietnam. Dass uns die gleiche exotische Vielfalt ‚um die Ecke‘ geboten wird, macht das Projekt „Heimatlieder aus Deutschland“ bewusst. Es versammelt 26 Stücke, eingespielt von 13 Gruppen, in denen in Berlin lebenden Einwanderern ihr heimisches Liedgut pflegen. Da gibt es für Weltmusikhörer so Selbstverständliches wie Fado oder kubanischen Son, aber auch hier selten zu hörende marokkanische Gnawa-Musik, lebensfrohe Marrabenta-Musik aus Mosambik oder erstaunliche Klänge aus Korea. Letztere wirken nämlich weit weniger exotisch als vermutet.

Von der Polyphonie aus Dalmatien bis zum ‚Quan ho‘-Gesang aus Vietnam – alleine ein Blick auf die Vokalensembles, die auf diesem Album in der Mehrzahl sind, zeigt die Bandbreite der Musik. Abgesehen von der Vielfalt, die diese Zusammenstellung bietet, zeigt „Heimatlieder aus Deutschland“ eindrücklich, wie viel Talent und Kreativität die Emigranten aus aller Welt in unser Land bringen. Dass dieser Schatz wahrgenommen und gehoben wird, ist überfällig.

Offizielle Homepage von Heimatlieder aus Deutschland

Offizielle Homepage von Heimatlieder aus Deutschland

(Bild: Run United Music)