Schlagwort: Avantgarde

Dawanggang „Wild Tune Stray Rhythm“

DaWangGang [rating=3] Widerborstige Weltmusik aus China.

Weltmusik aus China, aber keine Angst: Hier treten nicht farbenfroh gekleidete Künstler mit fürs internationale Pop-Publikum glatt gebürsteten ‚exotischen‘ Melodien aus dem Synthie und ‚lieblichen‘ Sängerinnen auf, hier erwartet den Hörer etwas wahrhaft Ungewohntes: eine widerborstige Mixtur aus diversen Saiteninstrumenten, Samples, Elektronik, Pferdekopfgeige, Maultrommel, Perkussion, Obertongesang und anderen Instrumenten. Das hört sich sonderbar an und das ist es auch, gleich wenn Titel wie „Meeting Two Wizzards on the Mountain Road“ mit ihrer ausgeprägten Metaphorik möglicherweise Klischees des alten China heraufbeschwören könnten. Zwar finden sich in der faszinierenden Klangmixtur, die Dawanggang heraufbeschwören natürlich Anklänge an die reiche Musiktradition Chinas oder der Mongolei, aber diese werden durchweg gegen den Strich gebürstet und mit europäischen Einflüssen aus Rock und Avantgarde gekreuzt.

Dawanggang ist ein chinesisch-europäisches Projekt des Multiinstrumentalisten Song Yuzhe. Der Titel des Albums greift einen Begriff der Pekingoper auf; wie uns die Website der Band informiert, handelt es sich dabei um eine Art „Katzenmusik“. Humor hat die Truppe also. Manchmal wirken die Titel jedoch etwas überambitioniert, die Musik zu angestrengt um Originalität und um die Vermengung von Modernität und Tradition bemüht. Gelegentlich beschleicht einen beim Hören das Gefühl, Anspielungen oder Zitate aus der europäischen Avantgarde- und Rockszene der vergangenen Jahrzehnte zu hören. Auch der Gesang kann bisweilen anstrengen, wie auch die Assoziationen zur Peking-Oper. Zum Nebenbeihören ist „Wild Tune Stray Rhythm“ wirklich nicht geeignet. Die fünf Musiker und ihre Gäste wollen die ganze Aufmerksamkeit. Können Sie haben, aber nicht allzu oft, denn dafür sind die erzeugten Klangwelten dann wieder zu ‚kunstvoll‘, obwohl Titel wie „Talking about Birds“ oder „For Children“ das nicht unbedingt nahe zulegen scheinen.

Im Gesamteindruck ergibt sich eine aufregende, wenn auch mitunter anstrengende Klangreise für die Ohren, während der Rest unserer Hülle bequem auf dem Sofa ruht und hin und wieder von den schrillen Klängen der Pferdekopfgeige aufgeschreckt wird. Gut so! Zu viel Ruhe ist auch der deutschen Eiche und dem deutschen Michel nicht bekömmlich und der Bambus biegt sich sowieso im geschmeidig im Wind.

Offizielle Website von Dawanggang
→ Dawanggang bei Soundcloud

(Bild: Jaro)

Download-Sampler von Moonjune Records

moonjune.com

moonjune.comÜberblick über den Moonjune-Katalog als Download: 60 Stücke = 7 Stunden Musik für 1$.

Das New Yorker Label Moonjune, bekannt für seine exzellenten Veröffentlichungen aus dem Bereich Progressive Rock, Canterbury, Jazzrock, Avantgarde etc., hat damit begonnen seinen Katalog zu digitalisieren und ihn – zusätzlich zum bewährten CD-Format – auch als preisgünstige Downloads auf der Download-Plattform bandcamp.com anzubieten.

Storm Corrosion „Storm Corrosion“

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Soundtrack? Avantgarde? Keine Schublade passt.

Storm Corrosion ist das Gemeinschaftprojekt von Steven Wilson von Porcupine Tree und Michael Åkerfeldt von Opeth. Beide kennen sich schon länger von ihrer Zusammenarbeit bei einigen Opeth-Alben, an denen Wilson als Produzent beteiligt war. Opeths letzter Output war das retro-rockige „Heritage“, Wilson veröffentlichte zuletzt das Doppel-Soloalbum „Grace For Drowning“. Wilson selbst sieht „Storm Corrosion“ im Kontext dieser Alben (an „Heritage“ wirkte er auch als Produzent mit), dabei sind die Ähnlichkeiten zu seinem Solowerk deutlicher als zu den Metallern von Opeth.

„Storm Corrosion“ ähnelt sehr einem Soundtrack, das Video zu dem Opener „Drag Ropes“ wurde mit einer Scherenschnitt-Geschichte untermalt. Sechs Lieder verteilen sich auf etwa 50 Minuten; gefühlte Prog-Rock-Dimensionen. Ein klassisches Schlagzeug findet man aber gar nicht, Streicher und Flöten übernehmen wichtige Funktionen beim Aufbau einer teilweise gefährlich anmutender Stimmung. Hier und da blitzt mal ein Gitarrensolo auf, aber das Album wird dominiert von sich langsam aufbauenden atmosphärischen Strukturen.

Das Titellied beginnt zum Beispiel als ruhiges Akustikstück mit einem magischen Gesang von Wilson und einem tollen Gitarrensolo, muss aber vor dem Ende einen nervenaufreibenden Noiseteil einbauen. Das abschließende „Ljudet Innan“ verbreitet dagegen eine dichte und rhythmische Ruhe und ist trotz der Länge eines der kohärentesten Stücke.

Insgesamt ein schwer zugängliches, ruhiges aber komplexes Album, das manchmal eher wie die Summe der einzelnen Teile wirkt. An vielen Stellen kann es aber durchaus mit tollen Ideen unterhalten.

Opeth „Heritage“
Porcupine Tree „Fear Of A Blank Planet“
Storm Corrosion – „Drag Ropes“ – Video bei tape.tv
http://stormcorrosion.com/