Tarkovsky Quartet, 23.11.2012, Haus der Kunst, München

Die Kompositionen von François Couturier sind mehr als eine Referenz an den russischen Regisseur Andrei Tarkowski. Die formal strengen Werke eröffnen eine bilderreiche Welt: Transparent, weitgehend klar und doch gefühlvoll – das Tarkovsky Quartet bringt seine Stärken auch auf der Bühne zur Geltung.

Das Quartett hat mit seiner eigenwilligen Mischung aus Jazz, Klassik und ethnischen Einflüssen sowie mit seiner ungewöhnlichen Besetzung (François Couturier, Klavier; Anja Lechner, Cello; Jean-Marc Larché, Sopransaxophon; Jean-Louis Matinier, Akkordeon) ein eigenständiges Klangbild geschaffen. Der Name des Ensembles ist mehr als eine bloße Referenz an den russischen Regisseur, nach dem es sich benannt hat: Er verweist darauf, dass den Hörer  eine bilderreiche musikalische Welt erwartet. Die imaginären Filme, die das Tarkovsky Quartet beim Hörer heraufbeschwört, sind allerdings nicht nur dem russischen Autorenkino zuzuordnen: Die Bandbreite reicht von der atmosphärisch-dichten, unterschwelligen Dramatik, welche die Filme von Michael Haneke auszeichnet, über die subtile Üppigkeit, die die Filme von Peter Greenaway kennzeichnet, bis hin zu slapstickartigen Sequenzen, die vielen Stummfilmen eigen sind. Und es sind nicht nur Filme, die man mit der Musik des Tarkovsky Quartet verbindet: Sie können ebenso die warme Abstraktionen eines Juan Miró oder harten Konturen eines Wassily Kandinsky evozieren. Nur eines haben alles Assoziationen gemein: Sie sind in der Regel bildhaft.

Die Kompositionen von François Couturier sind von klassischer Strenge, an der sich auch die beseelte Interpretation orientiert. Auch wenn man sich gelegentlich an den Stil einer Volksweise erinnert fühlt oder das Cello mal leicht bluesig gezupft wird, sind die Stücke durchkomponiert. Stilelemente und Klangfarben werden zielgerichtet und wirkungsvoll, aber niemals effekthaschend gesetzt. Kein Instrument wird – was durchaus originell sein könnte – zweckentfremdet, kein rhythmisches Klopfen auf dem Cello, kein exaltiertes Überblasen des Saxophons. Die strenge Schönheit der Kompositionen bringt das Tarkovsky Quartet so klar und differenziert auf die Bühne, wie man es vom Album kennt. Selbst wenn sich der Klang der Instrumente verschränkt, sind sie immer klar identifizierbar. François Couturier verbindet auf ureigene Weise Einflüsse von Minimal Music und Klassik, die sein Quartett einzigartig – subtil zwischen kontemplativen und lyrischen bis hin zu vorwitzigen Stimmungen changierend – umsetzt.

Das Konzert des Tarkovsky Quartets war der Auftakt einer vielversprechenden Konzertreihe im Rahmen der Ausstellung „ECM — Eine kulturelle Archäologie“.

Bisherige Rezensionen zum Tarkovsky Qartet auf schallplattenmann.de

Konzertreihe zur Ausstellung „ECM — Eine kulturelle Archäologie“