Schwache Texte zu einer schönen musikalischen Bandbreite
Dass wir alle Egoisten seien führte uns der kürzlich verstorbene FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher in seinem letzten Buch vor. Eine Klage, die man – auch wenn sie immer wieder von Menschen entschärft wird, die sich dem Gemeinwohl verpflichtet fühlen – periodisch vernimmt. An einer Veränderung zweifelnden Kulturpessimisten macht Vera Mohrs Mut. „Wir glauben daran“, singt sie für eine nicht näher bezeichnete Gruppe. Das macht sie allerdings so kleinmädchenhaft, dass man ihr nicht unterstellen möchte, dass es tatsächlich zu sinnvollen Veränderungen kommt.
Mohrs‘ Herangehensweise ist der eines Frank Schirrmacher diametral entgegengesetzt: derart naiv, dass sie es bereits mit den ersten Songs beinahe schafft, alles zu ruinieren und man sich nach bissigen Kritikern wie Heinz Ratz sehnt. Mit welcher sprachlichen Wucht hätte dieser besungen, wie gnadenlos die männlichen Küken in den Hühnerzuchtanstalten aussortiert und getötet werden? So aber bleibt es doch bei der richtigen Einstellung – aber der Wille zählt nicht für das Werk. Ihre Themen sind mitunter abgekaut („Püppchen II“), und immer wieder gibt es schiefe Bilder. So schaukelt sich Karussell hoch, und die dem Tod geweihten Küken sind eine „tapfere Legion“.
Das ist schade, denn musikalisch ist das von einigen Gastmusikern unterstützte Trio durchaus gediegen. Es zeigt sich mal schlicht und dann wieder elegisch, bietet sanft rockige Einwürfe oder gibt sich romantisch-düster. Die Sängerin garniert zwar ihre Melodien immer wieder mit überflüssigen Verzierungen, aber ihre Stimme ist – wenn sie nicht allzu sehr ins Naive gleitet – einnehmend.
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(Foto: Traumton)