Marc Ribot, 7.5.2016, Spielboden, Dornbirn (A)

Marc Ribot-4028Marc Ribot wirkt wie ein Keith Jarrett an der Gitarre. Den Kopf auf den Korpus gepresst, scheint er völlig entrückt. Sein Instrument umklammert er wie einer, der die Karikatur eines Gitarristen abgeben will. Als ob er in seiner eigenen Welt lebte, spult er lange seine verschroben-dissonanten Läufe ab, schabt in kindlicher Ernsthaftigkeit mit dem Luftballon über die Saiten und lässt den angeleckten Daumen über den Korpus quietschen, bevor er sich das erste Mal mit einem kurzen Kommentar ans Publikum wendet. Die sparsame Kommunikation ist kein Zeichen einer Verweigerungshaltung, sondern eines seiner Konzentration.
Längst sind wir gewöhnt, dass die Gitarre mit Bogen gespielt und mit Dingen traktiert wird, die nicht zum Musikmachen gedacht sind. Marc Ribot setzt einen zweiten Steg hinter das Schallloch oder klemmt eine Nagelfeile zwischen die Saiten. Das ist manchmal effektvoll, zum Staunen bringt jedoch eher die Frage, ob tatsächlich Anklänge an „As Time Goes Bye“ oder „Somewhere Over The Rainbow“ herauszuhören waren, oder ob das nicht vielmehr am haluzinogenen Spiel Ribots liegt.
Die Stücke, die Ribot gewählt hat, sind keineswegs so simpel, wie sie mitunter wirken. Er zeigt sich immer wieder raffiniert, wenn er beispielsweise gleichzeitig mit dem Plektron anschlägt und mit den freien Fingern zupft, lässt aber oft die Saiten achtloser schnarren als notwendig. Stil ist alles und Perfektion überbewertet, teilt er mit dem rustikalen Fingertapping mit, und wenn der Luftballon vor der Zeit platzt, so ist das auch nicht weiter tragisch. Der Abend ist ein besonderes Wechselbad, aber nicht zwischen gut und schlecht, sondern zwischen anheimelnd melodiös und zwanglos avantgardistisch.
Marc Ribot wandert wie gewohnt zwischen Jazz, Neuer und populärer Musik, bringt Stücke von John Zorn und seinem einstigen Lehrer Frantz Casséus, dessen Kompositionen prototypisch Sperrigkeit und Melodiosität vereinen, die auch Ribots Werk ausmacht.

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Offizielle Homepage von Marc Ribot

(Foto: TheNoise)