Andere mögen kommerziell erfolgreicher sein und mehr Fans haben: Doch die Fehlfarben haben die prägendere Musik gemacht und mit ihrem 1980 erschienenen Debüt „Monarchie und Alltag“ ein denkwürdiges Album eingespielt. Wenn sie es jetzt auf die Bühne bringen, hat das einen leichten Beigeschmack. Ihre Auftritte könnten zur Pflichtübung werden, weil es in der Bandgeschichte keinen anderen Meilenstein gibt, mit dem man heute noch Geld machen könnte. Neugierig macht das trotzdem.
Die Fehlfarben, das zeigt sich rasch, halten sich an die Dramaturgie des Albums. Der Klang verfängt auch heute noch. Doch Peter Hein ist noch nicht warmgelaufen. Gleich beim zweiten Stück, „Grauschleier“, wirken einst so großartige Passagen muffig. Es gibt im Publikum kaum Söhne, deren spießige Eltern ihre Erfüllung darin finden, den Grauschleier über der Stadt wegzuwaschen. Und die Lebenswirklichkeit der heute Zwanzigjährigen, die sich auch im Publikum finden, ist eine andere als vor 30 Jahren.
Gleichzeitig wird deutlich, dass die Songs nicht regressives Erinnern brauchen, um großartig zu sein. Sie sind großartig, und der anfangs ein wenig verloren wirkende Peter Hein gewinnt auch ohne große Ansprachen an Bühnenpräsenz. Abgesehen von gelegentlichen anderen Phrasierungen, die eher manieristisch wirken und den Songs die brüske Nüchternheit nehmen, singt ein älter gewordener Sänger im gleichen eigenwilligen Auflehnungs-Duktus, der schon das Original geprägt hat.
Überlegungen, ob man heute völlig deplazierte Zeilen wie etwa „Wir sind die Türken von morgen“ nicht umschreiben müsste, tauchen gelegentlich auf. Sie verfliegen jedoch rasch mit der mitreißenden Musik an deren Drive Saskia von Klitzing am Schlagzeug und Gitarrist Thomas Schneider, beide erst seit 2010 und 2014 bei den Fehlfarben, großen Anteil haben.
Den Umfang einer LP nicht als volles Programm anerkennend, bringen die Fehlfarben ein zweites Set und ausgiebige Zugaben mit einer Mischung aus alten („Die Wilde Dreizehn“) und neueren Songs („Das Komitee“, „Platz da“), bei dem das schon bei „Militürk“ aufgesprungene Publikum nicht ohne Grund wieder in die Zuschauersessel zurückfällt. Immerhin zeigt dieser Einsatz, dass es den Fehlfarben doch um die Musik geht und nicht ums abkassieren. Und „Monarchie & Alltag“ klingt auch noch lange nach …
→ Bisherige Rezensionen zu den Fehlfarben auf schallplattenmann.de
→ Offizielle Homepage der Fehlfarben
(Foto: TheNoise)