Progressive Rock – Moderner Progressive Rock von internationalem Format.
Gut Ding will Weile haben: Ganze vier Alben hat Thomas Thielen, in arte „t“ (der wohl unglücklichste Künstlername für Suchmaschinen ever!) in elf Jahren veröffentlicht. Der Sänger und Multi-Instrumentalist aus Hannover ist ein perfektionistischer Tüftler, der seine komplexen Songideen mit viel Sorgfalt umsetzt – und das braucht Zeit.
Sein vor einigen Wochen erschienenes viertes Album „Psychoanorexia“ ist der bisherigen Höhepunkt in seinem Schaffen – und zwar in vielerlei Hinsicht: Im Laufe der Jahre hat t gelernt mit seinen stimmlichen Möglichkeiten, genauer gesagt seinem Timbre, besser umzugehen (was viele andere Kritiker bei ihm immer wieder bemängelten, was für mich aber nie ein ernsthafter Kritikpunkt war – Geschmackssache halt). Auf dem neuen Album wirken seine Kompositionen aus- aber nicht überkomponiert, es entstehen keine unnötigen Längen, dafür Tiefen, die man erst nach und nach beim Zuhören entdeckt. Speziell auf dem Vorgänger „Anti-Matter Poetry“ hatte ich (bei allem Respekt) hie und da den Eindruck, dass t seine Progressive-Rock-Wurzeln zu kaschieren versucht: Nun, Schablonen und Stereotypen sind wohl für die wenigsten Künstler wirklich wünschenswert. Ich hatte den Eindruck, dass t sich vielleicht einen Tick zu sehr müht, dem uncoolen Progger-Image zu entkommen und eher den coolen, modernen Postrocker in sich kultiviert. Nun geht er deutlich unverkrampfter mit seinen musikalischen Vorbildern aus den 1970ern und 1980ern um, wobei die Anklänge stets subtil und vom typischen Retro-Plagiat weit entfernt bleiben. ‚Uncool‘ ist das immer noch nicht, im Gegenteil: Das Album könnte sogar Hörer ansprechen, die normalerweise um die üblichen Prog-Klischees einen großen Bogen machen.
„Psychoanrexia“ enthält im Ergebnis vielschichtigen, stellenweise düsteren, stellenweise nachdenklichen modernen Progressive Rock mit mal aggressiven, mal poetischen Unterklängen. Ein persönliches, intensives, kryptisches und exzellent klingendes Album, gewiss nicht für jedermann, dafür sind ts Klangwelten zu individuell ausgeprägt, wohl aber für den Hörer, der nicht alles auf Anhieb verstehen und mitträllern muss, um sich auf ein Album einzulassen.
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→ t „Anti-Matter Poetry“ auf schallplattenmann.de
(Cover: t)