Schlagwort: Kammermusik

Fauré Quartett „Pictures at an Exhibition“

[rating=4] Kammermusik – Die „Bilder einer Ausstellung“ und die „Études­Tableaux“ in Bearbeitungen für Klavierquartett.

Der Zyklus „Bilder einer Ausstellung“ von Modest Mussorgsky (1839–1881) gehört heute zu den meistgespielten Werken der Musikliteratur. Außer der populären Originalfassung für Klavier und der noch berühmteren Orchestrierung von Maurice Ravel gibt es, neben zahlreichen anderen „klassischen“ Transkriptionen, auch Bearbeitungen im Jazz (Allyn Ferguson), in der elektronischen Musik (Isao Tomita), im Progressive Rock (Emerson, Lake & Palmer) und sogar im Metal (Mekong Delta). Mussorgskys Werk scheint eine ungebrochene Faszination auf die Hörer auszuüben, ungeachtet der jeweils gewählten Instrumentierung.

Eine neue Bearbeitung kommt von Grigorij Gruzman und Dirk Mommertz, Letzterer ist Pianist des Fauré Quartett. Zusammen mit seinen Mitstreitern legt er nun die Ersteinspielung der gelungenen Fassung für Klavierquartett vor. Sie verbindet die Intensität und Klarheit des Originals mit den psychedelisch-düsteren Effekten der Ravel-Bearbeitung. Die Kammerfassung ist klarer in den Streicherparts, weniger transzendent als Ravels Impressionismus, wenn man es so nennen will. Gleichzeitig behält die Quartett-Fassung die virtuosen, typisch russischen Klangeffekte des Klavier-Originals bei. Das ist im Ergebnis stellenweise geradezu berauschend und lässt das wohlbekannte Werk in einem neuen Licht erscheinen. Genauso gelungen: die Bearbeitung der „Études­Tableaux“ von Sergei Rachmaninoff (1873–1943), die ebenfalls zum ersten Mal in einer Fassung für Klavierquartett erklingen.

Das Album erscheint als Download, als CD und als Vinyl-Ausgabe. Bei letzterer hat man sich etwas Besonderes einfallen lassen: Während die „Bilder einer Ausstellung“ auf der Haupt-LP zu finden sind, wurden die „Études­Tableaux“ auf eine zusätzliche 10-Inch-Schallplatte „ausgelagert“. Nur schade, dass man bei der Vinyl-Ausgabe auf einen Downloadcode verzichtet hat. Das Artwork mit dem Pop-Art-Klavier verspricht ein ungewöhnliches Hörerlebnis, die auch klanglich makellose Aufnahme des Fauré Quartett löst das Versprechen ein.

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auf Youtube

Homepage des Fauré Quartett

Rezension zu Fauré Quartett „W. A. Mozart: Piano Quartets auf schallplattenmann.de

Rezensionen zu verschiedenen „Pictures at an Exhibition“-Aufnahmen auf schallplattenmann.de

(Coverbild: Büro für Künstler; Vinyl-Bilder: Salvatore Pichireddu)

 

Pablo Casals „Johann Sebastian Bach – The Cello Suites“ (3-LP-Box)

[rating=5] Barock – Pablo Casals‘ Jahrhundertaufnahme in edler Vinyl-Ausgabe.

Pablo Casals’ Aufnahmen der Cellosuiten Bachs gehören zu den ganz großen musikalischen und diskografischen Meilensteinen der Schallplatte im 20. Jahrhundert. Mehr noch: Erst durch Casals’ bahnbrechende Ersteinspielung rückten die Suiten in den Mittelpunkt des Cello-Repertoires und wurden Prüfstein für alle folgenden Generationen. Als Casals sie zwischen 1936 und 1939 aufnahm, war er bereits in seinen Sechzigern und hatte sich ein Leben lang mit den Kompositionen beschäftigt. Obwohl seine Einspielungen heute als interpretatorisch und spieltechnisch überholt gelten, haben sie nichts von ihrer Faszination verloren. Es bedarf nur einiger Noten und man versteht, warum Casals’ Aufnahmen durch die Jahrzehnte, jenseits aller Diskussionen um historisch authentisches Spiel, eine ungebrochene Faszination auf Hörer und Cellisten ausübten. Die Eindringlichkeit und Intensität mit der Casals musiziert, machen diese Einspielungen zeitlos, losgelöst von einer musikwissenschaftlichen Analyse.

Die Aufnahmen stammen aus der Schellack-Ära und sind naturgemäß klanglich nicht mit modernen Aufnahmen zu vergleichen. Dennoch: Das sorgfältige EMI-Remastering von 2011 holt vermutlich das maximale aus den Rillen heraus. Bei der nun erscheinenden, luxuriös ausgestatteten 3-LP-Box kommt dann das richtige Medium für die historischen Aufnahmen hinzu. Selbst bei einem direkten Vergleich mit der entsprechenden CD-Ausgabe von Warner Classics (dem Nachfolge-Label EMIs) kann die analoge Wiedergabe vollends überzeugen. Der Unterschied ist frappierend: Die Suiten klingen auf Vinyl viel natürlicher und wärmer als jeder Versuch, die 80 Jahre alten Aufnahmen auf CD zu pressen. Dies ist ein unverzichtbarer Meilenstein in jeder klassischen (Vinyl-)Sammlung.

Review vom 16.07.2001 zu Pablo Casals „J.S. Bach – Cello Suites No. 1-6“ auf schallplattenmann.de

Pablo (Pau) Casals auf de.wikipedia.org

Bach: Suiten für Violoncello solo auf de.wikipedia.org

(Bild: Warner Classics)