Kategorie: DVD – Musik sehen

Helge Schneider „Lass knacken, Helge!“

HelgeSchneider_LassKnackenHelge_BluRay_Cover_RGB_500[rating=2] Erfolgsrezept: mehr vom gleichen

Helge Schneider vergöttere oder verabscheue man, heißt es oft, für die Position dazwischen gebe es niemand. Tatsächlich hat er mit seinem anarchischen Humor nicht nur erstaunlich großen Erfolg, sondern das auch schon seit überraschend langer Zeit. Die Dadaisten, da bin ich sicher, würden ihn lieben. Ob Helge Schneiders Haltbarkeitsdatum vor dem dadaistischen abläuft, wird die Zukunft weisen. Noch gilt er als Unikat und außerdem als zeitlos. Daher ist es auch völlig unwesentlich, dass „Lass knacken, Helge!“ zu seinem 60. Geburtstag im vergangenen August erschienen ist.

Der um zusätzliche Passagen angereicherte Live-Mitschnitt zeigt einen Altbekannten: Er spiele „viele Lieder, schöne Lieder“, kündigt Helge Schneider zu Beginn an, zwischendurch kämen aber auch Lieder, „die nicht so reinhauen, die teilweise so richtig Scheiße sind“. Wie immer kokettiert Schneider auch im Best-of-Programm mit seiner Rolle. Mit fahrigen Ansagen – bei denen man nie weiß, was an ihnen spontan und was einstudiert ist –, der üblichen Tee-Zeremonie und natürlich mit den bekannten Stücken erfüllt er die Erwartungen seines Publikums, das sich noch immer an „Katzeklo“, „Es gibt Reis“ und „Hunderttausend Rosen“ freut.

Nichts Neues also bei Helge Schneider, aber warum denn auch? Er muss sich weder anbiedern noch anpassen, sein Erfolg spricht für sich und muss beziehungsweise kann gar nicht vergrößert werden. Denn die Nische, die sich Schneider freigeschlagen hat, ist schon erstaunlich groß. Und auch wer schräg in der Landschaft steht, kann seinen Erfolg mit den Maßnahmen verlängern, die für Mainstream-Künstler gang und gäbe sind.

Bisherige Rezensionen zu Helge Schneider auf schallplattenmann.de

Offizielle Homepage von Helge Schneider

(Foto: Add On Music)

Attwenger „Clubs“

Attwenger - Clubs[rating=3] Höllenritt im Attwenger-Autodrom

Seit mehr als zwanzig Jahren zieht das Duo Attwenger durch die Clubs – vor allem in den deutschsprachigen Ländern, aber auch in den USA oder Asien. Im Gepäck haben sie kaum mehr als Schlagzeug und Steirische Harmonika, aber auch originelle Weltbetrachtung und dadaistischen Witz. Ihre Kompositionen sind überwiegend von suggestiver minimalistischer Redundanz, die eigentlich Zeit braucht, um zu wirken. Dass sie jedoch auch zersplittert nichts von ihrer Kraft einbüßen, zeigen die Schnipsel, die Markus Binder und Hans-Peter Falkner auf „Clubs“ zu einem knallbunten, sich fortwährend drehenden Kaleidoskop arrangieren. Wie im Cut-up-Roman reihen sie Songfragmente, Ansagen und Statements in harten Schnitten aneinander. Ein Album wie eine Boxautofahrt – kaum eine ruhige Sekunde, nicht vorhersehbar und durchgängig spaßig.

„Clubs“ versammelt Live-Mitschnitte – zum Teil mit Gästen wie den Gitarristen Harri Stojka und Fred Frith, Wolfgang Schlögl von den Sofa Surfers und, in einem allerdings schwachen Beitrag, Sigi Maron –, unveröffentlichte Stücke und Skurriles wie den Live-Mitschnitt einer TV-Übertragung, in der ein Fußballer namens Attwenger ein Tor schießt. Auch das passt, weil es wie eine unfreiwillige Parodie wirkt.
Dieser wilde Mix wird von einer DVD mit zwei selbstgebastelten, während zweier Tourneen mit dem Mobiltelefon aufgenommenen Roadmovies begleitet, die man vor dreißig Jahren mit der Etikette ‚punkig dillettantig‘ erfolgreich vermarktet hätte. Alles in allem: Ein vergnüglicher Höllenritt im Attwenger-Autodrom.

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(Foto: Trikont)

Norbert Wiedmer/Enrique Ros „El Encuentro – Ein Film für Bandoneon und Cello“

 Norbert Wiedmer/Enrique Ros “El Encuentro – Ein Film für Bandoneon und Cello”Gegensätze ziehen sich an: Die Cellistin Anja Lechner, 1961 in Kassel geboren, sucht die musikalische Begegnung und arbeitet vor allem mit Partnern aus anderen Ländern. Sie spielt im Tarkovsky Quartet des französischen Pianisten François Couturier, interpretiert in Jerewan Kompositionen des armenischen Komponisten Tigran Mansurjan, spielt mit den Russen Misha Alperin und Arkady Shilkloper und seit einigen Jahren mit dem bald 80-jährigen argentinischen Bandoneonspieler Dino Saluzzi, Jahrgang 1935. Der wiederum bewegt sich gerne im vertrauten Kreis und kommt – obwohl er seit vielen Jahren mit Musikern wie dem vor kurzem verstorbenen Schweizer Jazzpianist George Gruntz zusammenspielt – immer wieder an den Ausgangspunkt seiner musikalischen Reise, die Provinz Salta im Nordwesten Argentiniens, zurück.

„El Encuentro“ ist Anja Lechner und Dino Saluzzi gewidmet, die 2007 ihr erstes gemeinsames Album „Ojos Negros“ veröffentlicht haben. Die Klänge von Bandoneon, insbesondere dessen tiefe Register, und Cello würden ungemein gut zusammenpassen, sagt Dino Saluzzi im Film: Gleich und gleich gesellt sich aller Unterschiede zum Trotz recht gern.
Die Filmemacher Norbert Wiedmer und Enrique Ros demonstrieren sowohl den individuellen Hintergrund als auch die gemeinsame Arbeit. Sie folgen den beiden Musikern erst getrennt, etwa Anja Lechner nach Armenien und Dino Saluzzi in die Schweiz, um sie dann bei ihrer gemeinsame Arbeit in Argentinien zu zeigen. Der Film stellt die beiden bei den Proben und in Konzerten vor, mit musikalischen Partnern wie dem Komponisten Tigran Mansurian oder dem Saxophonisten Felix Saluzzi, er bietet Interviewpassagen und auch private Momente. „El Encuentro“ ist ein konventioneller, aber gut gemachter Dokumentarfilm, der nachzeichnet, wie zwei so unterschiedliche Protagonisten einen gemeinsamen musikalischen Ausdruck finden.

Bisherige Rezensionen zu Anja Lechner auf schallplattenmann.de und im Schallplattenmann-Blog

Bisherige Rezensionen zu Dino Saluzzi auf schallplattenmann.de

(Foto: ECM)