Sallie Ford & The Sound Outside, 14.6.2013, Molotow, Hamburg

Sallie FordSallie Ford und ihre Band traten am Freitagabend im abrißbedrohten, angeblich einsturzgefährdeten „Molotow“ auf der Hamburger Reeperbahn auf. Honi soit qui mal y pense: Seit bayerische Investoren ihre Hände auf die ebenso schmuddeligen, wie markanten „Esso“-Häuser gelegt haben, ist auch das „Molotow“ akut gefährdet.

Sallie Ford aus Portland, Oregon und ihre Männer wissen vermutlich nichts darüber, obwohl Mrs. Ford mit zarten 17 bereits Hamburg bereiste und vergeblich das ‚Sex Museum‘ suchte, wie sie im Verlaufe des Konzertes wissen ließ. Nach einem etwas verhaltenen Anfang wurde Sallie Ford, die immer noch aussieht wie Tante Ingrid 1965 mit Schmollmund, Schmetterlingsbrille und Lockenkopf, zusehends lockerer. Analog dazu stiegen die Temperaturen im Kellerclub. Ihr fantastischer Gitarrist Jeff Munger brachte die 100 bis 150 Zuschauer mit seinen Künsten ebenso in Stimmung wie Sallie Ford mit ihrer kraftvollen Stimme. Der Rock’n’Roll mit Titeln wie „I’m addicted“ oder „Bad Boys“ fährt eben direkt ins Bein. Dazu flackerte die Disco-Kugel im liebevoll und sorgfältig heruntergekommenen Ambiente.

Obwohl sie und ihre Band wie eine brave, schüchterne Studententruppe aussehen, behauptet Sallie Ford von sich, sie sei ein „Untamed Beast“ (so der Titel ihres aktuellen Albums, Anm. d. Red.), was wir mal so stehen lassen wollen. Jedenfalls fand sie den Kontakt zum Hamburger Publikum: Sie sang, tanzte ein wenig, bearbeitete ihre Gitarre und spielte mit den Zuschauern. Ihre Stimme wurde mit jedem Song selbstbewusster und druckvoller.

Der Sound war anfangs gut ausgesteuert, mit zunehmender Lautstärke (die allerdings niemals gesundheitsgefährdend war) wurde er leider ‚breiiger‘: Der Funke sprang dennoch über. Selbst zaghafte Ansätze von ‚Stage-Diving‘ von Ms. Ford und Mr. Munger, die im Mittelpunkt der Show stehen, wurden gesichtet: Da stiegen Sallie Ford und Jeff Munger einfach mal ein, zwei Schritte von der kleinen Bühne herunter und mischen sich unters Fan-Volk. Dazu gab es für zwei Titel „Wunschkonzert“. Die Band bot eine angerauhte Version von Blondies „Heart of Glass“ und „Fist City“ von Loretta Lynn. Bei einem kleinen Singalong darf das gut gelaunte Publikum den Chor mimen und – na klar – Sallie Ford »loves Hamburg«.

Schnell vergehen so 60 Minuten. Auf und vor der Bühne nuckelt man genüsslich am Flaschenbier und bewegt, je nach Temperament, das Spielbein oder zelebriert den Freistiltanz zu den gefälligen Klängen. Es war voll aber es blieb Bewegungsfreiheit im kleinen „Molotow“ und alle hatten eine gute Zeit.

Als eine von zwei Zugaben erklang dann Bob Dylans „Walking down the Line“, einem Song aus dem Jahre 1962, der als Beleg dafür herhalten mag, dass Sallie Ford und ihre Jungs Geschmack haben und die Rock’n’Roll-Geschichte mit Gewinn studiert haben. Also keineswegs „Fuck that“ wie ein etwas herberer Titel des Konzertes hieß, sondern eher „It’s only Rock’n’Roll, but I like it“. Mehr davon, bitte!

Als die Lichter nach ungefähr 75 Minuten wieder angingen, waren Band und Publikum gleichermaßen zufrieden und man stieg aus den Katakomben der Rockmusik hinauf zur Reeperbahn, wo die trunkenen Massen lautstark ihre ‚Paadie‘ feierten …

Offizielle Homepage von Sallie Ford

(Foto: Klaus Wenzel)