R.E.M. „Unplugged 1991/2001 – The Complete Sessions“

[amazon_image id=“B00JFBCDD2″ link=“true“ target=“_blank“ size=“medium“ class=“alignleft“]R.E.M. „Unplugged 1991/2001 – The Complete Sessions“[/amazon_image] Gut gelaunt und inspiriert: Zwei vollständige semi-akustische Konzerte der Vorzeige-Band des Alternative Rock.

1991 war für R.E.M .das Jahr des kommerziellen Durchbruchs. Hatten sie bis dahin eine gewisse Reputation als ‚Alternative Rockband‘ erworben, so gingen sie nach Veröffentlichung des Albums „Out of Time“ im März des Jahres beim Major-Label Warner in Richtung Superstars durch die Decke. Der Song „Losing my Religion“ war ein großer Erfolg für das Quartett und das Album markierte den Weg vom Alternative-Rock zu einem breiteren musikalischen Spektrum, das Country-Einflüsse ebenso umfasste wie Rap und vor allem Pop-kompatibel war.

Der Sender MTV hatte seit 1989 die „Unplugged“-Reihe im Programm, in der prominente Künstler ihre bekannten Songs live (fast) ohne elektrische Verstärkung zum Besten gaben. Die Idee war keineswegs neu, schlug aber beim Publikum sofort ein. MTV erzielte mit der (scheinbar) intimen Atmosphäre eines Akustik-Konzertes regelmäßig riesige Reichweiten und befand sich auf dem Höhepunkt seiner Popularität: „MTV Unplugged“ wurde zum verkaufsfördernden Label für Live-Alben.

Als R.E.M. 1991 bzw. 2001 im Rahmen der Unplugged-Reihe in den MTV-Strudios auftraten, brachten sie alles mit, was für ein Gelingen eines solchen Konzerts vonnöten war: gute Songs, einen guten Sänger, eine spielfreudige Band, die technisch versiert war, an den akustischen Instrumenten (ebenso) zu glänzen. Freilich, ganz verzichtete R.E.M. nicht auf die Elektrifizierung: So hört man eine Hammond-Orgel und einen E-Bass, andererseits hielt sich aber bei den Arrangements weitgehend an die Akustik-Vorgabe.

R.E.M. waren sich 1991 natürlich bewusst, dass sie kurz vor dem Eintritt in die Champions-League des Rock standen, ließen aber dieses Renommee bescheiden im Standby-Modus. Und so präsentierten sie ihren in vielerlei Hinsicht typisch amerikanischen Rock nicht im Stadion-Format, der bald schon für sie Normalität werden sollte. Michael Stipe und seine Mitstreiter hatten sich vor dem Auftritt offensichtlich Gedanken über die Interpretation ihrer Songs gemacht und überwiegend auf mittleres Tempo und ausgefeilte Vokal-Arrangements gesetzt. Es ist durchaus reizvoll zu hören, wie R.E.M. auf „Fall on me“ oder „Belong“ zuckersüße, mehrstimmige Beach-Boys-Harmonien intonieren. Dazu erklingt ganz beschaulich die Mandoline und für einen Moment mag man daran glauben (aller möglicherweise gewollten Ironie bei diesen Interpretationen zum Trotz), dass zwischen ‚Alternative-Rock‘ und ‚Pop-Mainstream‘ eine feine, aber natürliche Verbindung besteht.

Während der Auftritt von 1991 noch manchmal gewisse Unsicherheiten in der Intonation oder im Zusammenspiel sympathisch erkennen lässt, präsentiert die 2001er-Session eine Band, die mit Hilfe von zusätzlichen Kollegen (nach dem Ausscheiden des Drummers Bill Berry) routiniert, aber nach wie vor sehr spielfreudig zur Sache geht. Selbst eine ‚Breitwand-Ballade‘ wie „The One I Love“ funktioniert da hervorragend im reduzierten Arrangement. Man vermisst eigentlich nichts bei R.E.M.s unverstärkten Auftritten, die Songs erhalten einfach eine neue Qualität. Statt Rock’n’Roll mit großen Gesten (vielleicht sowieso nie ganz die Sache von R.E.M., Anm. der Red.) erhält man tolle Country- und Folk-getränkte Songs, einen gut gelaunten Michael Stipe und bei einigen Titeln eine Art Doo-Woop-Ausgabe der Band.

Fazit: Nicht nur für Sammler und Fans, sondern auch für alle, die von R.E.M. bislang nur wenig kennen und neben der ‚Alternative‘-Combo und der ‚Mainstream‘-Band eine weitere Facette der Formation entdecken möchten.

Bisherige Rezensionen zu R.E.M. auf schallplattenmann.de

(Bild: Networking Media)