Statt bombastischer Live-Atmosphäre, ein fast intimes Club-Konzert von Deep Purple. Fast.
Kaum eine andere Band verwaltet ihren (Back-)Catalogue so sorgfältig wie Deep Purple. Neben den heute üblichen zyklischen Remaster- und Remix-Runden der regulären Studioalben, die die Fans alle paar Jahre immer wieder zum Kauf ein und derselben Platte bewegen sollen (am besten mit obskuren Bonus Tracks), kümmern sich Deep Purple sorgsam um das vorhandene Live-Material, sei es um das offizielle, sei es um das halb-offizielle, das jahrelang gar nicht oder nur aus halbseidenen Quellen zu beziehen war.
Nur wenige Wochen vor der Veröffentlichung ihres sechsten Studioalbums „Machine Head“ (VÖ.: 25. März 1972) lud die BBC Deep Purple am 9. März zum exklusiven Radiokonzert (für die Reihe ‚Sound of the Seventies‘) ins Paris Theatre in der Lower Regent Street in London ein. Die Band nutzte den Gig, um das neue Album zu promoten und spielte es fast vollständig, darunter auch das berühmt-berüchtigte „Smoke on the Water“ zum allerersten Mal live. Der Club war klein und entsprechend ‚intim‘ war die Atmosphäre – naja, so intim wie halt Deep Purples Hardrock überhaupt sein kann.
Man merkt, dass die Band sich des vollen Potentials der neuen Songs (darunter auch solche Klassiker wie „Highway Star“, „Lazy“ und „Space Truckin'“) noch nicht ganz bewusst ist, die nur einige Monate später im August in Japan so kunstvoll zelebriert werden sollten. Ausgerechnet „Smoke on the Water“ (man beachte bitte das leicht verblueste erste Riff!) kommt vielleicht etwas verhalten, ja von Gillan sogar etwas hüftsteif daher, in anderen Nummern duellieren sich Blackmore und Lord bereits auf höchstem Niveau nach bekannter Art und Weise. Außerdem enthält das Album die selten live gespielten Nummern „Never Before“ und „Maybe I’m a Leo“, letztere mit besonders beschwingtem Groove.
Der Sound des 2012 erstellten Remix (ursprünglich exklusiv für die Vinyl-Ausgabe des Albums) ist satt und druckvoll. Er transportiert die purer Energie, die die Band selbst bei solch einem ‚kleinen Gig‘ entwickelte, sehr gut. Mag sein, dass die Gruppe zu diesem Zeitpunkt schon inneren Spannung ausgesetzt war, der Chemie auf der Bühne tat dies keinen Abbruch.
Natürlich ist „In Concert ’72“ keine zweite „Made in Japan“ und kann das epochale Live-Album (das vor kurzem übrigens in einer tollen Deluxe-Ausgabe wiederveröffentlicht wurde) nicht ersetzen. Aber als sinnvolle Ergänzung, um Deep Purple auf dem Zenit ihres Erfolges mal von einer anderen, ‚intimeren‘ Seite kennenzulernen, taugt das Album allemal. Und sei es auch nur, um festzustellen, dass die legendäre Mk.II-Besetzung auch im kleineren Rahmen eine unglaubliche Power aufbauen konnte.
→ Bisherige Rezensionen zu Deep Purple auf schallplattenmann.de
(Bild oder Foto: Networking Media)