The Notwist, 21.07.2017, Poolbar-Festival, Feldkirch (A)

Seit Kraftwerk seien sie die einzige weltweit bekannte und relevante deutsche Popband, schreibt der Bayerische Rundfunk, was durchaus stimmen mag. Auch die Weilheimer Band hat einen eigenen Klangkosmos entwickelt. In der bayerischen Variante umarmen sich elektronische Klänge und Gitarren. Daraus bauen The Notwist Stücke von symphonischer Wucht, oft konterkariert von der oft melancholisch wirkenden, leicht brüchigen Stimme von Markus Acher.
Das Auftreten des Sextetts ist unprätentiös, es versprüht trotz harscher Gitarrensequenzen kaum rockige Energie, sondern verbreitet fast durchweg die nüchterne Atmosphäre eines konzentriert arbeitenden Ensembles. Das wirkt einerseits distanziert, groovt aber trotzdem – und lässt einen viel entdecken. Da huscht eine Sequenz vorbei, die erst an Sgt. Peppers erinnert, später meint man das Zitat einer der redundant quirligen Kompositionen von Philipp Glass zu vernehmen. Manche Klänge ordnet man sofort der Zeit der analogen Synthesizer zu, andere wirken wie kaum verfremdete Alltagsgeräusche. Zwischen manchen Strophen gibt es lange, endlos scheinende repetitive Passagen, bei denen Klangschicht um Klangschicht aufgebaut wird, bis ihr kontrolliert-kakophonisches Ende wieder in eine zartpoppige Melodie mündet.
The Notwist verbinden Songs aus allen Schaffensphasen (darunter „Pick Up The Phone“ vom Album „Neon Golden“, „Run Run Run“ von „Close To The Glass“ und „The Devil, You + Me“ vom gleichnamigen Album) zu einem kontinuierlichen Bogen, der nicht nur zeigt, wie treu sie ihrem Konzept geblieben sind, sondern auch, dass dieses heute noch verfängt. Ihren Ansatz weiterzuentwickeln, befriedigt The Notwist wohl mehr als die Aussicht, ihr eigenes Erbe zu verwalten und neben ihren rheinischen Kollegen im Museum archiviert zu werden.

Bisherige Rezensionen zu The Notwist auf schallplattenmann.de

Offizielle Homepage von The Notwist

(Foto: TheNoise)