Thomas Gansch/Georg Breinschmid „Gansch & Breinschmid Live“

Gansch/Breinschmid [rating=4] Thomas Gansch und Georg Breinschmid zeigen sich von ihrer besten Seite.

Ihre Moderationen seien so schlecht, kommentieren die beiden Musiker, dass ihnen vom Österreichischen Fernsehen bald eine Talkshow angeboten werde. Auch wenn sie das lustig meinen und auch einige durchaus gelungene Gags anbringen – weit daneben liegen sie nicht. Einmal mehr mit österreichischen Stereotypen wie dem Tod und der Verbeamtung zu kokettieren, ist nur mäßig originell. Doch Humor ist zu einem guten Teil Geschmackssache, und die Gstanzl – mit denen sie über die phlegmatisch-pragmatisierten Orchestermusiker herziehen – bringen sie durchaus verschmitzt und mit Verve.

Doch auch wer den Humor der beiden Musiker nur streckenweise teilt, kann sich für die eloquente Mischung aus Klassik, Jazz und Pop begeistern. Da trifft Johann Strauss erst auf Charlie Parker und später auf die Beatles, mit eigenen Stücken zeigen sie sich nicht nur als Kenner der jüngeren Pop-Geschichte („Kurt“ zitiert Nirvanas „Come As You Are“), sondern auch als launige Liedermacher und mit „Der Tod“ geben die beiden Virtuosen ihrem Programm gar eine kabarettistische Note.

Zwei Instrumente, viele Töne – und letztlich doch auch ziemlich viel Witz: Mit ihrem unmittelbar vor dem prognostizierten Weltende im Dezember 2012 aufgenommenen „The End“ zeigen sich Thomas Gansch und Georg Breinschmid von ihrer besten Seite.

Bisherige Rezensionen zu Georg Breinschmid und Thomas Gansch auf schallplattenmann.de

Offizielle Homepage von Georg Breinschmid

Offizielle Homepage von Thomas Gansch

(Foto: Jaro)

Georg Ringsgwandl „Mehr Glanz!“

Georg Ringsgwandl [rating=2] Die Kurve bleibt flach, wenige Ausreißer nach oben

»Rauchen ohne Nikotin, Pommes ohne Kalorien/Kaffee ohne Coffein, Fixer ohne Heroin/Arbeit ohne Plackerei/Zahnweh ohne Schmerz/Streiten ohne Schlägerei, Liebe ohne Herz«: Unser Leben mag immer angenehmer, bequemer und gesünder werden – die Lebenslust bleibt auf der Strecke, mahnt Georg Ringsgwandl. Und wie immer, wenn der bayerische Liedermacher Alltägliches kommentiert, ist das auch auf „Mehr Glanz!“ überwiegend amüsant.

Ringsgwandl singt über die Kehrseite des Showbusiness, macht sich über den Liebhaber einer Freundin lustig aber er hält auch sentimentale Rückschau. Doch es sind eher kleine Feuerwerke, die er auf seinem neuen Album abbrennt. Einzig „Schmeiß den Typen raus“ bietet die volle Packung Wortwitz und Bösartigkeit, die Ringsgwandl so unnachahmlich beherrscht.

Musikalisch bleibt Georg Ringsgwandl im vertrauten R&B-Terrain, das er mit Kumpanen beackert auf die er sich verlassen kann. Daniel Stelter prägt die Stücke mit einer überwiegend treibenden Gitarre. Er spielt durchweg akzentuiert, mitunter atmosphärisch und gelegentlich funky. Dann steht er auch mal schützend vor dem Herrn und bügelt dessen Schwächen aus.

Bisherige Rezensionen zu Georg Ringsgwandl auf schallplattenmann.de

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(Foto: Blanko Musik)

Ane Brun „Songs 2003–2013“

Ane Brun "Songs 2003–2013"

Ane Brun [rating=3] Umfangreiche Retrospektive.

Skandinavien: Region der Serienmörder, des Smörrebröds, der Sommersonnenwende und der sanften Sängerinnen. Stille Wasser, so klar und tief wie ein Fjord in Norwegen. Und genau daher stammt die Singer/Songwriterin Ane Brun, die in Stockholm lebt und arbeitet.

2003 erschien ihr erstes Album „Spending Time with Morgan“. Zehn Jahre und acht in Deutschland eher unbeachtete Alben später erschien kürzlich ihre retrospektive Doppel-CD, die mit 32 (!) Songs kaum Wünsche offen lässt. Darauf findet sich alte und neue Lieder, Remixes, Live-Aufnahmen, Unveröffentlichtes oder Cover-Versionen wie „Big in Japan“ von Alphaville, oder „True Colors“ von Cyndi Lauper. Herausragend: Das im Duett mit Peter Gabriel eindringlich und intensiv gesungene „Don’t give up“, das sich hinter dem Original von Gabriel und Kate Bush nicht nur nicht verstecken muss, sondern dem leicht am Kitsch kratzenden Song eine ganz eigene, neue Qualität verleiht.

Auch wenn Brun häufig in der „Indie-Folk“-Ecke steht, wird man ihrem Schaffen dadurch nicht ganz gerecht. Ihre ausdrucksstarke, klare Stimme könnte vermutlich auch das Telefonbuch der bekannten norwegischen Stadt Flekkefjord singend darbieten und sie würde bei den Zuhörern trotzdem Gänsehaut erzeugen.

Der geneigte Hörer kann ihre besondere Qualität bereits beim ersten Song der Sammlung „Humming one of your Songs“ überprüfen, das zum sparsamen Arrangement aus Bruns Akustikgitarre und Streichern melancholische Stimmung verbreitet. „My Lover will go“ hätte stimmlich dagegen fast das Zeug zum Soul-Song, wenn die Musik dazu weniger balladenhaft wäre. Der getragene Rhythmus, die  nachdenkliche Innenschau in die Psyche einer jungen Frau: Das ist in etwa der musikalische Kosmus von Bruns eigenen Kompositionen, die stets geschmackvoll daher kommen. Doch sie kann auch anders, wie die Duette mit Ron Sexsmith und anderen zeigen, wo es schon mal fröhlicher im leicht trunkenen Takt unbefangen zur Sache geht. Mit dem „Treehouse Song“ oder „One“ zeigt sie eine weitere, fast schlagerhafte Facette ihres Wirkens.

„Songs 2003–2013“ bietet für Fans und Einsteiger gleichermaßen einen guten Überblick über Bruns Schaffen. Ein Tipp für alle, die Singer/Songwriterinnen und sanfte Klänge mögen. Passt gut zum kommenden Herbst, funktioniert aber auch an lauen Sommerabenden.

Offizielle Website von Ane Brun

 

Dawanggang „Wild Tune Stray Rhythm“

DaWangGang [rating=3] Widerborstige Weltmusik aus China.

Weltmusik aus China, aber keine Angst: Hier treten nicht farbenfroh gekleidete Künstler mit fürs internationale Pop-Publikum glatt gebürsteten ‚exotischen‘ Melodien aus dem Synthie und ‚lieblichen‘ Sängerinnen auf, hier erwartet den Hörer etwas wahrhaft Ungewohntes: eine widerborstige Mixtur aus diversen Saiteninstrumenten, Samples, Elektronik, Pferdekopfgeige, Maultrommel, Perkussion, Obertongesang und anderen Instrumenten. Das hört sich sonderbar an und das ist es auch, gleich wenn Titel wie „Meeting Two Wizzards on the Mountain Road“ mit ihrer ausgeprägten Metaphorik möglicherweise Klischees des alten China heraufbeschwören könnten. Zwar finden sich in der faszinierenden Klangmixtur, die Dawanggang heraufbeschwören natürlich Anklänge an die reiche Musiktradition Chinas oder der Mongolei, aber diese werden durchweg gegen den Strich gebürstet und mit europäischen Einflüssen aus Rock und Avantgarde gekreuzt.

Dawanggang ist ein chinesisch-europäisches Projekt des Multiinstrumentalisten Song Yuzhe. Der Titel des Albums greift einen Begriff der Pekingoper auf; wie uns die Website der Band informiert, handelt es sich dabei um eine Art „Katzenmusik“. Humor hat die Truppe also. Manchmal wirken die Titel jedoch etwas überambitioniert, die Musik zu angestrengt um Originalität und um die Vermengung von Modernität und Tradition bemüht. Gelegentlich beschleicht einen beim Hören das Gefühl, Anspielungen oder Zitate aus der europäischen Avantgarde- und Rockszene der vergangenen Jahrzehnte zu hören. Auch der Gesang kann bisweilen anstrengen, wie auch die Assoziationen zur Peking-Oper. Zum Nebenbeihören ist „Wild Tune Stray Rhythm“ wirklich nicht geeignet. Die fünf Musiker und ihre Gäste wollen die ganze Aufmerksamkeit. Können Sie haben, aber nicht allzu oft, denn dafür sind die erzeugten Klangwelten dann wieder zu ‚kunstvoll‘, obwohl Titel wie „Talking about Birds“ oder „For Children“ das nicht unbedingt nahe zulegen scheinen.

Im Gesamteindruck ergibt sich eine aufregende, wenn auch mitunter anstrengende Klangreise für die Ohren, während der Rest unserer Hülle bequem auf dem Sofa ruht und hin und wieder von den schrillen Klängen der Pferdekopfgeige aufgeschreckt wird. Gut so! Zu viel Ruhe ist auch der deutschen Eiche und dem deutschen Michel nicht bekömmlich und der Bambus biegt sich sowieso im geschmeidig im Wind.

Offizielle Website von Dawanggang
→ Dawanggang bei Soundcloud

(Bild: Jaro)

Baptist Generals „Jackleg Devotional to the Heart“

[amazon_image id=“B00C3JU4KM“ link=“true“ target=“_blank“ size=“medium“ class=“alignleft“]Baptist Generals „Jackleg Devotional to the Heart“[/amazon_image][rating=2] Sperriger Titel, sperrige Musik, seltsame Band.

The Baptist Generals sind eine sechsköpfige Band aus Denton, Texas, die seit 1998 existiert und in dieser Zeit neben zwei EPs 2003 eine CD auf dem Label Sub Pop veröffentlichten. Danach herrschte für zehn Jahre Funkstille. Das hört sich nach einer Band für Eingeweihte an – und genau das sind sie auch.

Das wird sich mit dem neuen Album nicht ändern, denn  „Jackleg Devotional to the Heart“ bietet jede Menge verschrobene Musik und dazu Texte, die alles andere als eingängig oder direkt sind. Fast könnte man von einem „Konzeptalbum“ sprechen, denn ‚des Tölpels Andacht ans Herz‘, wie der Albumtitel frei übersetzt lautet, handelt von der Liebe und ihren Irrungen und Wirrungen. Natürlich nicht in der handelsüblichen Weise von »Uh, I love you, baby«, eher schon in der Art von »You won’t answer my call« („Dog that bit you“). Aber keine Sorge: Flemmons und seine Truppe haben hintergründigen Humor und neigen deshalb nicht zum Selbstmitleid, sondern loten das Thema auf ihre eigene Art aus. Da nölt der Sänger, dass ’sie‘ genauso lügt wie seine Mutter oder dass er aus nicht aus dem Pub kann, weil keine Seife da ist und es erklingen mal folkige, mal rockige Töne, doch schon bei „Thunders and Overpasses“ oder „Broken Glass“ wird der Hörer für Augenblicke an Kraftwerks „Autobahn“ erinnert. Kein Wunder bei einer Truppe, die sich nicht alleine amerikanischem Folk-Rock, sondern ebenso dem Experiment verbunden fühlt und genauso über „3 Bromide“ singt wie über „Broken Glasses“.

Sofern möglich, wird’s beim zweiten Teil des Albums („Type B“ genannt) noch schräger. Der Folk macht Pause und filgrane Streicherarrangements treffen auf Geräusche. Konstant bleibt Flemmons nasale Stimme, die auf Dauer etwas anstrengend ist: Nein, dies ist definitv nicht die x-te Version einer ‚Indie-Rock-Band‘.

Hat sich das Warten also gelohnt? Wartete überhaupt jemand? Egal, wer Lust hat, mal etwas Unerwartetes zu hören (und Spaß daran, verrätselte Texte zu entschlüsseln), findet mit „Jacklegs Devotional to the Heart“ das Passende.

Offizielle Website der Baptist Generals

Album beim Label Sub Pop mit Klangbeispielen

Update beim Anouk-Gewinnspiel: Die Gewinner

Anouk "Sad Singalong Songs"

Anouk Die Würfel sind gefallen! Eine überraschend starke Teilnahme bei der Anouk-Verlosung belegt, dass „Der Schallplattenmann bloggt…“ doch so einige Leserinnen und Leser hat, die uns auch im neuen Gewand folgen. Vielen Dank für die rege Teilnahme und für die Treue.

Die richtige Lösung auf die Frage »Wie hieß der Titel, mit dem Anouk am Eurovision Song Contest 2013 teilnahm und für die Niederlande den 9. Platz errang?« lautete natürlich: „Birds“.

Hier das wunderschön gemachte offizielle Video zum Song:

Gewonnen haben:

  • Claudia M. aus Essen
  • Marcus K. aus Overath

Gratulation! Die CD wird alsbald mit der Post eintrudeln (direkt von der Promotion-Agentur MCS Berlin) und (hoffentlich) für viel Freude sorgen.