Donald Fagen „Sunken Condos“

[amazon_image id=“B008O9V4C2″ link=“true“ target=“_blank“ size=“medium“ class=“alignleft“]Donald Fagen „Sunken Condos“[/amazon_image]

The Nightfly is back (again).

Niemand würde von Donald Fagen ein sich dem Zeitgeist angepasstes Album erwarten, weder als Sänger und Keyboarder von Steely Dan, noch als Solist. Seine bisherigen Solo-Alben „The Nightfly“ (1982), „Kamakiriad“ (1993) und „Morph The Cat“ (2006) waren zeitlose Produktionen, die sich stilistisch in etwa am supercoolen Blues-Funk-Jazz-Pop-Rock-Mix Steely Dans orientierten und sich einen Teufel um die gerade aktuellen Tendenzen in der Pop- und Rockmusik scherten.

Fred Hersch Trio „Alive At The Vanguard“

[amazon_image id=“B008KX6PV2″ link=“true“ target=“_blank“ size=“medium“ class=“alignleft“]Fred Hersch Trio „Alive At The Vanguard“[/amazon_image]

Tradition und Innovation

Das Besondere am Jazz ist, dass sich Tradition und Innovation nicht unbedingt ausschließen müssen. Der seit 35 Jahren in New York lebende und arbeitende Fred Hersch ist ein Pianist, der dieses scheinbare Paradoxon in seiner Musik vereint: In der Harmonik dem impressionistischen Stil von Bill Evans nahe, im Geiste dem Nonkonformismus von Thelonious Monk verwandt, scheut Hersch weder ungewöhnliche Experimente (beispielsweise als Sidemen der Sopranistin Renée Fleming) noch ein traditionelles Setting (wie das Klaviertrio), um seine Vorstellungen von Musik umzusetzen.

Tori Amos „Gold Dust“

[amazon_image id=“B008J0PS3C“ link=“true“ target=“_blank“ size=“medium“ class=“alignleft“]Tori Amos „Gold Dust“[/amazon_image]

Rock, Pop, Singer/Songwriter mit Orchester – Alte Tori-Nummern, neu orchestriert

Die US-amerikanische Singer/Songwriterin hat ihre besten Zeiten vermutlich hinter sich. Dies schreibe ich mit der nötigen Vorsicht, denn Tori Amos gelangen in ihrer Karriere schon viele Metamorphosen: Von der ‚angry young woman‘ des Debütalbums „Little Earthquakes“ (1992) zur experimentierfreudigen Nonkonformistin bei „Boys For Pele“ (1996), von der poppigen Trendsetterin auf „From The Choirgirl Hotel“ (1998) und „To Venus and Back“ (1999) zur eloquenten Geschichtenerzählerin von „Scarlet’s Walk“ (2002) und „The Beekeeper“ (2005). Und seit einigen Jahren im Habitus einer gereiften Interpretin mit Orchesterbegleitung, zuerst beim insgesamt kitschigen Weihnachts-/Winteralbum „Midwinter Graces“ (2009), dann überraschend stark als Vermittlerin zwischen impressionistischer Musik und anspruchsvoller Popmusik auf „Night Of Hunters“ (2011), nun also bei „Gold Dust“ als Interpretin ihrer selbst.

Das Album bietet einen Querschnitt aus Tori Amos’ Songwriting der letzten 20 Jahre, teilweise in frappierend neuen Arrangements, teilweise in leichten Enhancements der ursprünglichen Instrumentierung. Die Ergebnisse fallen entsprechend heterogen aus: Einigen Nummern hat das Update gut getan, tendenziell den neueren („Flavor“, „Girl Disappearing“); bei den älteren Nummern (etwa „Winter“ oder „Marianne“) kann ich die etwas schlechter gesungene Kopie nicht ganz nachvollziehen. Aber unterm Strich ist „Gold Dust“ eben ein Sampler, wenn auch der originelleren Art.

Man verstehe meine Kritik nicht falsch: „Gold Dust“ ist gewiss nicht das schlechteste Album, das Tori Amos veröffentlicht hat. Aber es bietet leider auch nichts Neues. Das niederländische Metropole Orchestra, das die Orchesterparts übernommen hat, ist das eigentliche Highlight des Albums. Und das ist mir etwas zu wenig für eine der talentiertesten Künstlerinnen der letzten 25 Jahre.

http://www.toriamos.de
http://en.metropoleorkest.nl
Tori Amos „Night Of Hunters“ — Du kannst nicht immer 17 sein…

Various „Franz Josef Degenhardt – Freunde feiern sein Werk“

[amazon_image id=“B008VI09TU“ link=“true“ target=“_blank“ size=“medium“ class=“alignleft“]Franz Josef Degenhardt „Freunde feiern sein Werk“[/amazon_image]

Hommage an den großen Liedermacher

Vor zwanzig Jahren absolvierte ich einen Workshop in einem alternativen Selbstversorger-Zentrum. Während wir an Hörspielen puzzelten, erholten sich die anderen Gäste, durchweg eingefleischte Antikapitalisten, vom Klassenkampf. Eine sympathische Atmosphäre, deren Würze ein paar Eigenheiten waren, derentwegen wir unsere Eltern als spießig gescholten haben. Der Vorzeige-Kommunist studierte jeden Morgen die Aktienkurse in der NZZ. Seine Welt teilte er trotzdem in unten und oben ein, in Ausbeuter und Ausgebeutete. Welche Musik er hörte, weiß ich nicht. Für Kultur war neben Aktien und Klassenkampf kein Platz.

Dabei war er selbst ein Paradebeispiel dafür, dass die Fronten längst aufgeweicht sind, im Unten immer auch ein bisschen Oben mitschimmert. Dass Franz-Josef Degenhardt in seinen frühen Liedern eine klare Trennlinie zog und vielleicht später nicht mehr ganz aus seiner Haut konnte, ist verständlich. Aber selbst er, der gerne vom ‚Klassenfeind‘ sprach, erhob nicht nur plump den Zeigefinger gegen die Ungerechtigkeit. Er umschrieb sie poetisch und zeigte sich in seinen besten Liedern als einfühlsamer Beobachter, der die Geschichten für sich sprechen ließ. Viele seiner Lieder sind – auch wenn sie angesichts der aktuellen Wirtschaftslage etlichen aus der Seele sprechen mögen – durchaus nicht zeitlos. Man muss sie im historischen Kontext betrachten, um die altbackene Begrifflichkeit akzeptieren zu können.

Franz Josef Degenhardt hat tolle Lieder geschrieben: „Väterchen Franz“, „P.T. aus Arizona“, „Spiel nicht mit den Schmuddelkindern“ und viele mehr. Ihn zu feiern und ihm ein Tribute-Album zu widmen, ist gerechtfertigt. Zu sehen, was denn seine Nachfolger wohl mit den Liedern anstellen, ist ein interessanter Ansatz. Neben einiger altgedienter Musiker wie Konstantin Wecker machen bei diesem Album Goetz Steeger (der Degenhardts letzten Alben produziert hat), Degenhardts Söhne Kai und Jan, die „Kleingeldprinzessin“ Dota und Daniel Kahn mit. Doch egal wie jung die Interpreten sind: Sie präsentieren keine neue Lesart der Lieder, und sie bringen sie nicht frischer und lebendiger als der Degenhardt selbst. Und was noch schlimmer ist: Die meisten der eigenen Stücke – jeder Interpret liefert neben einem Degenhardt-Cover auch einen eigenen – klingen ebenso wie von gestern. Allenfalls Dota und Daniel Kahn heben sich davon ein wenig ab, und auch das kraftvolle Spiel Konstantin Weckers kann wieder begeistern.

Der klassische Protestsong hat ausgedient. Niemand wartet mehr auf ein neues Album von Wolf Biermann. Und auch Musiker wie der auf diesem Album nicht vertretene Heinz Ratz (Brot & Wasser), der seine Überzeugung wie kaum ein anderer Protestsänger mit tatsächlichem Engagement verbindet, hört man nicht nur wegen der Haltung: Seine Umsetzung in witzige Texte, sein drängender Gesang und die oft forsche Musik sind ebenso essenziell.

So gerne ich kritische Lieder höre und so sehr ich das Engagement für Veränderung schätze: Meist bleibt ein unangenehmer Beigeschmack, weil oft Poesie und Originalität auf der Strecke bleiben und weil die meist undifferenzierte, plakative Beschreibung der Verhältnisse nichts anderes als populistisch ist.

Es ist eben alles nicht mehr so einfach wie früher – obwohl es, objektiv betrachtet, auch damals schon ganz schön kompliziert war.

Bisherige Rezensionen zu Franz Josef Degenhardt
Bisherige Rezensionen zu Kai Degenhardt
Bisherige Rezensionen zu Konstantin Wecker
Bisherige Rezensionen zu Daniel Kahn
Bisherige Rezensionen zu Dota Kehr

Der Schallplattenmann bloggt…

Der Schallplattenmann sagt (Logo von Andre Klein-Wiele)

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Vielen Dank an unsere treuen Leser für die immer wieder erfolgte Ermunterung!

Die Webseite http://schallplattenmann.de bleibt online und kann als Fundgrube für den einen oder anderen Tipp dienen.

In unregelmäßigen Abständen veröffentlichen einige unserer Autoren hier neue Artikel und es darf dann auch nach Herzenslust kommentiert werden…

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