Singen sie eigentlich vom Wüstenwind oder von Freiheit und Frieden, singen sie von korrupten Eliten oder sind es doch romantische Liebeslieder? Es kommt nicht darauf an. Und auch nicht darauf, zu welchen Anlässen die Musiker von Etran Finatawa sonst die prächtigen Kleider tragen, mit denen sie auf der Bühne stehen.
Etran Finatawa haben ein anderes Alleinstellungsmerkmal als andere Tuareg-Bands gewählt: Im vor gut zehn Jahren gegründeten Quartett finden sich zwei Volksgruppen – die in ihrem traditionellen weiten Übergewand und Gesichtsschleier auftretenden Tuareg Alhousseini Mohammed Anivolla (Leadgitarre, Gesang) und Gouma Abdoul Jamil (Perkussion und Rhythmusgitarre) und die beiden Wodaabe, Bammo Agonla (Gesang) und Mamane Tankari (Wasserkalebasse) in auffälligen, wohl rituellen Kleidern. Auf die beiden Wodaabe gehen die mehrstimmigen, oft im ‚call and response‘-Stil gehaltenen Passagen zurück.
Im europäischen Kontext ist das Outfit nur Folklore. Doch die Musik wirkt auch dann, wenn man den traditionellen Hintergrund nicht versteht. Man muss nicht wissen, von welchem Volk die Lieder sind und ob eines von ihnen auch beim Geerewol gespielt wird, dem traditionellen „Brautschaufestival“, das Werner Herzog Ende der 1980er-Jahre in seinem Film „Die Hirten der Sonne“ vorgestellt hat. Der durchweg langsame Rhythmus, der vielen Liedern eine eigentümlich melancholische Stimmung verleiht, der oft mehrstimmige Gesang und die redundante Struktur versetzen in eine einlullende Trance, die gleichzeitig die Sinne zu schärfen scheint.
Dabei agieren Etran Finatawa im ersten, kürzeren Set abwechslungsreicher, während im zweiten Teil, der keine neuen Aspekte des Tuareg-Blues mehr bringt, die suggestive Monotonie im Vordergrund steht.
Etran Finatawa hüllen sich nicht in die Aura des Rebellentums, die Bands wie Tinariwen und Toumast pflegen, und sie scheinen bis auf die Tatsache, dass die Musiker unterschiedlichen, traditionell nomadisierenden Ethnien angehören, keine Ambitionen zu haben, den Wüstenblues um neue, ungewohnte Facetten oder Klangfarben zu bereichern. Das müssen sie auch nicht. Denn was im Konzert zu hören ist, reicht völlig, um nach zwei Stunden vergnügt nach Hause zu gehen.